Foto: APA/BARBARA GINDL

PRO: Kinder brauchen viel Sport

von Thomas Mayer

Keine Frage: Die Bundesregierung hat auch wirtschaftliche Ziele im Auge, wenn sie "Erleichterungen" für die "schulautonome Gestaltung und Abrechnungsmodalitäten von Schulsportwochen" vorsieht. Sprich: mehr Geld, mehr Subventionen. Nicht zufällig findet sich diese Passage im Koalitionsprogramm im Kapitel Tourismus. Österreich ist Tourismusgroßmacht.

Mehr als 40 Milliarden Euro trägt dieser Sektor direkt und indirekt zur Volkswirtschaft bei, ein starker Beitrag für Wohlstand und Sozialstaat. Ein Drittel davon kommt aus dem Wintertourismus. Jeder 15. Arbeitsplatz hängt daran, im Westen deutlich mehr. Aber der Hauptgrund (auch) für die Förderung des Wintersports ist natürlich ein anderer.

Er findet sich im Kapitel Schule. Mangel an Fitness soll bei den Kids der Smartphone-Generation generell durch mehr Schulsport begegnet werden, schon ab dem Kindergarten. Zwei Sportwochen sind in der Sekundarstufe vorgesehen, eine dem Wintersport gewidmet. Das ist gut so.

Kinder sollen vieles ausprobieren. Skifahren, Langlaufen, Schneewandern in den Bergen sind nicht nur extrem schön, sie vermitteln Körpergefühl und sind gesund, wie jeder Sport – wenn man ihn technisch beherrscht, nicht übertreibt. Das kann man lernen. Dafür ist Schule da, auch zur Unterstützung sozial Schwächerer. Eine Sportwoche kann dann für Schulfreunde ein großartiges Gemeinschaftserlebnis sein, wenn die Lehrer ihren Job gut machen. (Thomas Mayer, 13.2.2020)

KONTRA: Skisport hat keine Zukunft

von Olivera Stajić

Im Jahr 1996 wurde die Wintersportwoche abgeschafft. Nun will sie die türkis-grüne Regierung wieder einführen. Welcher Wintersport bevorzugt wird, steht für die Skination Österreich wohl außer Zweifel: Man will wieder mehr Österreicher auf die Skipiste bringen. Doch eine Verpflichtung ist unsinnig, auch wenn die Not der Tourismusbranche und des Skiverbands groß ist: Die Zahl der "Nichtskifahrer" ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten von 40 auf über 60 Prozent gestiegen.

Schaut man sich die Gründe für die schwindende Skibegeisterung an, wird klar, dass Druck und Pflicht ins Leere laufen werden. Skifahren ist ein elitäres Freizeitvergnügen. Winterurlaub in den Bergen war zu jeder Zeit eine unverschämt kostspielige Angelegenheit: Anfahrt, Unterbringung, Funktionswäsche, Ausrüstung und Skipass – damals wie heute hat sich das bestenfalls eine Familie ab der oberen Mittelschicht geleistet.

Verpflichtet man Schulkinder zum Mitfahren, setzt man die finanzschwächeren Familien unter Druck und verstärkt die soziale Kluft: hier diejenigen, die schon im Kindergarten auf Skiern gestanden sind, und dort jene, die ohne passende Ausrüstung zum ersten und womöglich letzten Mal eine aussterbende Sportart erlernen. Und bald ist ohnehin jede Bemühung vergebens: Skigebiete in tieferen Lagen haben jetzt schon zu wenig Schnee, und das künstliche Beschneien ist nun wirklich keine Lösung. (Olivera Stajić, 13.2.2020)