In mehreren tschechischen Onlineshops wurde jahrelang das antisemitische Kinderbuch "Der Giftpilz" angeboten.

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Prag – Mehrere Internet-Buchhandlungen in Tschechien haben jahrelang das antisemitische Kinderbuch "Der Giftpilz" in einer übersetzten Fassung in ihrem Angebot geführt. Die Polizei befasse sich mit dem Fall, sagte eine Sprecherin des Präsidiums in Prag am Donnerstag. Das Werk von Ernst Hiemer aus dem Jahr 1938 gilt als Paradebeispiel für nationalsozialistische Propaganda.

Als erster machte der frühere Nahostkorrespondent des tschechischen Fernsehens "CT", Jakub Szanto, auf die dubiosen Internet-Angebote aufmerksam. Der Vorsitzende der Föderation jüdischer Gemeinden in Tschechien, Petr Papousek, verurteilte den Verkauf der Publikation als eine "Verhöhnung der Opfer der Schoah", des nationalsozialistischen Völkermords an den Juden Europas. Er forderte die Behörden mit aller Dringlichkeit auf, die weitere Verbreitung der "groben und rassistischen Hetzschrift" zu verhindern.

Tschechiens sozialdemokratischer Außenminister Tomas Petricek meldete sich bei Twitter zu Wort: "Das ist fürchterlich – ich hoffe, dass die zuständigen Organe sofort hart durchgreifen."

Rassistische Karikaturen

Der deutsche Schriftsteller Ernst Hiemer (1900-1974) war von 1938 bis 1941 Chefredakteur des NS-Kampfblatts "Der Stürmer". In "Der Giftpilz" kategorisierte er anhand von rassistischen Karikaturen angebliche "jüdische Typen". Nach dem Krieg erhielt er ein Berufsverbot als Lehrer und lebte später in Nürnberg. (APA, 13.2.2020)