Die einen können gleich nach dem Aufstehen loslaufen. Die anderen kommen erst viel später in die Gänge.

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Bei manchen klingelt schon um 6 Uhr morgens der Wecker. Sie schnüren ihre Laufschuhe, bevor die Sonne aufgeht. Und sind geduscht und im Büro, wenn andere noch beim Frühstück sitzen. Aber es gibt auch die andere Fraktion unter den Sportlern: jene Menschen nämlich, die in der Früh nicht aus dem Bett kommen – dafür aber spätabends noch im Fitnessstudio anzutreffen ist, wenn die Frühaufsteher längst schlafen.

Umgangssprachlich werden diese zwei Typen Eulen und Lerchen genannt. Wer schon früh auf den Beinen ist, ist eine Lerche. Wer bis spätnachts munter ist, ist eine Eule. Zu welcher Gruppe man gehört, hängt vom sogenannten zirkadianen Rhythmus, also der inneren Uhr, ab – und ist höchst individuell.

Die ideale Uhrzeit für Sport, die für alle gleichermaßen gilt, gibt es daher nicht. Für die Sportmedizinerin Christine Graf von der Deutschen Sporthochschule Köln geht es vielmehr darum, auf seinen Körper zu hören – und für sich selbst herauszufinden, wann Training guttut.

Keine intensiven Einheiten

Anders wird es ohnehin auf Dauer nicht funktionieren: "Wenn Sport keinen Spaß macht, hört man wieder damit auf", sagt der Sportmediziner Robert Fritz von der Sportordination in Wien. Wer bei Sport in der Früh allerdings immer wieder mit Kreislaufproblemen zu kämpfen hat, sollte das nicht unbedingt nur auf den zirkadianen Rhythmus schieben – sondern auch von einem Arzt abklären lassen.

Wer am liebsten spätabends Sport macht, sollte auf sehr intensive Einheiten – etwa Intervalltraining – verzichten. Dabei werden nämlich Stresshormone – vorrangig Adrenalin und Noadrenalin – ausgeschüttet. Das kann zu Einschlafproblemen führen. Gegen niedrigintensive Einheiten ist laut Sportmediziner Fritz aber auch in der Nacht nichts einzuwenden. Dazu zählen gemütliche Einheiten auf dem Ergometer, bei denen nach einem langen Tag gelesen, Musik gehorcht oder einfach abgeschaltet werden kann.

Von der Lerche zur Eule

Viele Menschen können es sich aber schlicht gar nicht aussuchen, wann sie unter der Woche Sport treiben wollen, weil die Bürozeiten strikt sind. Das ist insofern problematisch, als sich eine Lerche nicht einfach in eine Eule verwandeln kann – und umgekehrt. Für Hobbysportler ist das besonders gemein, wenn ein Wettkampf in der Früh ansteht – man aber immer am Abend trainiert. Experten raten dazu, in den Nächten davor auf besonders viel Schlaf zu achten.

Sich in den Tagen und Wochen vor dem Marathon zum Frühaufstehen und Trainieren zu zwingen funktioniere nicht. Anders sieht die Situation im Profisport aus: "Dort geht man sehr auf den individuellen Rhythmus der Athleten ein und achtet besonders auf eine ausreichende Regeneration", so Fritz.

Diese kommt bei vielen Freizeitsportlern, die Familie, Beruf und Training unter einen Hut bekommen wollen, zu kurz. Apple-Chef Tim Cook steht angeblich um 4 Uhr morgens auf, um vor seinem langen Arbeitstag noch ein Workout unterzubringen. Das kann auf Kosten der Gesundheit gehen, warnt Fritz, denn sechs bis sieben Stunden Schlaf braucht der Mensch: "Alles andere hält kein Mensch auf Dauer aus."

Sport zu Mittag

Selbst wenn man die für sich richtige Tageszeit zum Sporteln kennt, läuft es doch nicht immer. Man fühlt sich müde und abgeschlagen und kommt beim Sporteln in keinen Rhythmus. Das Gefühl kennt auch Sportmedizinerin Graf: "Wir reagieren auf jeden Reiz", sagt sie. Ein gutes Schlafpensum, ausreichend Nährstoffe, die Verdauung, das Gemüt, das Wetter, die Lichtverhältnisse – all das und noch viel mehr kann ausschlaggebend für ein gelungenes oder ein misslungenes Training sein.

All diese Puzzleteile ließen sich wissenschaftlich wohl nie gänzlich erfassen. Letztendlich gehe es darum, für sich selbst herauszufinden, was einem ein gutes Gefühl gibt.

Für manche könnte die richtige Antwort außerdem weder im Morgen- noch im Abendsport liegen: Wenn es mit der Arbeitszeit vereinbar ist, ist Sport in der Mittagspause sowohl für Eulen als auch für Lerchen eine ideale Abwechslung zum vielen Sitzen. Bleibt nur zu hoffen, dass es im Büro eine Dusche gibt. (Franziska Zoidl, 9.3.2020)