Schon einmal hat Merz probiert, an die Macht zu kommen.

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Eine ganz klare Aussage fehlte am Donnerstag zwar noch. Zuletzt wich Friedrich Merz der Frage nach dem CDU-Vorsitz aus und sagte, man müsse sich jetzt erst einmal ein paar Tage Zeit nehmen. Aber Zweifel hatte in Berlin kaum noch jemand, dass es Merz noch einmal wissen will und er zur Übernahme des Vorsitzes und auch zur Kanzlerkandidatur bereit ist.

Es wäre der zweite Griff nach der Macht seit dem denkwürdigen CDU-Parteitag im Dezember 2018 – und die Krönung einer außer gewöhnlichen Karriere, die vor Jahrzehnten in Brilon (Nordrhein-Westfalen) begann.

Ein guter Schüler war Merz nach eigenen Angaben dort nicht, er raste mit seinem Motorrad durch das sauerländische Städtchen und trug die Haare lang. Doch dann tat es der heute 64-Jährige seinem Vater gleich, trat in die CDU ein und studierte Jus.

Es folgte ein klassischer Aufstieg: Anwalt, Hochzeit, drei Kinder, Abgeordneter im EU-Parlament (1989 bis 1994). Danach wechselte er in den Bundestag und stieg dort bis zum Fraktionsvorsitzenden auf. 2000 war das, aber er konnte sich nicht lange halten.

2002 verlor die CDU die Bundestagswahl, Angela Merkel wollte im Bundestag Oppositionsführerin werden, beanspruchte seinen Platz und verdrängte ihn auf den Posten des Vizevorsitzenden. Aus diesen Tagen rührt die bis heute andauernde gegenseitige Abneigung. Frustriert trat Merz 2004 ab und schied 2009 ganz aus dem Bundestag aus.

Er kam wieder

Doch 2018 kam er bekanntlich wieder und bewarb sich nach Merkels Abgang um den CDU-Vorsitz. Zwar sorgte sein Aufsichtsratsmandat beim US-Vermögensverwalter Blackrock für Irritationen und auch, dass er sich in Anbetracht eines Jahresgehalts von einer Million Euro und des Besitzes von zwei Privatflugzeugen bloß als Angehöriger der Mittelschicht sah.

Doch viele Konservative mögen (und mochten) seine klare Sprache und empfinden seine Positionen ("deutsche Leitkultur", schärferes Asylrecht, verzögerte Energiewende, einfaches Steuerrecht) als Wohltat.

Dann aber reichte es auf dem CDU-Parteitag nicht. Merz hielt keine gute Rede und unterlag Annegret Kramp-Karrenbauer knapp – wobei seine Anhänger bis heute mutmaßen, die AKK-nahe Parteitagsregie habe für ihn Ton und Licht schlecht eingestellt.

Ein anderes Amt in der CDU wollte er nach seiner Niederlage gegen AKK nicht annehmen, er stänkerte aber gern von der Seitenlinie, nannte etwa das Erscheinungsbild der deutschen Bundesregierung "grottenschlecht". Das haben ihm viele dann doch übelgenommen.

Umfrage sieht Merz vorne

Nach einer aktuellen Umfrage ist Merz derzeit dennoch der aussichtsreichste potenzielle Kanzlerkandidat. 40 Prozent der Befragten sind nach dem am Donnerstag veröffentlichten ARD-Deutschlandtrend von Infratest dimap der Meinung, dass der 64-Jährige ein guter Kanzlerkandidat wäre. Allerdings sind auch 42 Prozent der gegenteiligen Auffassung. Dahinter folgen CSU-Chef Markus Söder, NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und Gesundheitsminister Jens Spahn. (Birgit Baumann, 13.2.2020)