Es naht jene Jahreszeit, in der Katholiken gern auf Landsäugetiere verzichten, und weil Biber zwar köstlich, aber schwer zu kriegen sind, tun sich viele vermehrt an Fischen gütlich. Jetzt kann man von den Beweggründen halten, was man will – es ist jedenfalls ein wunderbarer Anlass, einmal (oder mehrmals) saures Fischcurry auszuprobieren.

Sauer und Fisch sind füreinander gemacht: Das wissen die Sichuan-Chinesen, die wunderbare Sauerkraut-Fischsuppe genauso köcheln wie die Südamerikaner, die den Fisch in köstlich zitrussaures Ceviche verwandeln. Und selbst Binnenländler wie wir, die nicht allzu viel vom Fisch verstehen, legen ihm verlässlich eine Zitronenscheibe zur Seite.

Foto: Tobias Müller

Dass uns die Mischung so gut schmeckt, mag daran liegen, dass wir viele Jahrtausende Zeit hatten, uns in sie zu verlieben: Säure ist eine der besten und schmackhaftesten Methoden, die leicht verderbliche Köstlichkeit haltbar(er) zu machen. Weil vor der flächendeckenden Verbreitung des Kühlschranks frischer Fisch selbst wenige Kilometer hinter der Küste eine Seltenheit war, wurde er umso öfter gesäuert.

Sushi, das Lieblingsfastfood der größten Fischkultur der Welt, geht auf milchsauer vergorenen Fisch zurück. Der Essig, der für den Sushi-Reis so wichtig ist, erinnert bis heute daran. (Wen das interessiert, der kann diese Art von Sushi heute noch in der Gegend von Kioto probieren.) Und in Skandinavien, das definitiv genug Küste hat, wird Fisch auch im Kühlschrankzeitalter leidenschaftlich gern in Essig (und meistens zu viel Zucker) eingelegt.

Meine aktuell liebste Variante von saurem Fisch ist ein saures Curry aus Sri Lanka, das mir hier untergekommen ist. Es ist keine unkontrollierte Gewürzorgie, sondern schmeckt komplex, aufregend, ohne den Eigengeschmack des Fischs komplett zu überdecken. Und es hat eine fruchtig-rauchige Säure, die ziemlich unwiderstehlich ist.

Die Gewürzbasis ist ganz konventionell – Kreuzkümmel, Fenchel, Koriander, Bockshornklee –, die Säure aber ungewöhnlich. Currys werden mit allen möglichen Mitteln gesäuert: In Nordindien ist ein Pulver aus Mangokernen beliebt, im Süden Thailands ist Tamarinde äußerst beliebt. Die Sri-Lanker hingegen setzen gern auf Goraka, eine kleine, grüne kürbisförmige Baumfrucht, die, einmal in der Sonne getrocknet, dunkelschwarz wird und optisch und haptisch ein wenig an Lakritze erinnert.

Foto: Tobias Müller

Sie ist ganz köstlich, aber mitunter schwer zu bekommen. Tamarinde tut’s natürlich auch, und ich könnte mir vorstellen, dass sich Rhabarber im Frühling gut darin macht.

Das Originalrezept verlangt Thunfisch, ich persönlich aber liebe für dieses Gericht die Makrele heiß: Sie ist erfreulicherweise eine der besten und gleichzeitig immer noch günstigsten aller Fische. (Wen so etwas interessiert: Irrsinnig gesund ist sie auch noch!) Sie gehört zu den Blaufischen und ist daher besonders fett und geschmacksintensiv. Wer keinen Meeresfisch essen will: Ich könnte mir vorstellen, dass Wels eine gute Figur macht. Bei Erfahrung bitte posten.

Foto: Tobias Müller

Ist der Fisch einmal mariniert, geht das Gericht furchtbar schnell. Beginnen Sie das Curry am besten schon am Vortag und marinieren den Fisch über Nacht, das vertieft den Geschmack. Auch wieder aufwärmen macht es nur besser.

Saures Fischcurry (Ambul Thial) aus Sri Lanka

Ich habe kleine Veränderungen am Original vorgenommen. Ich röste die Gewürze nicht einzeln, weil mir das zu blöd ist, und ich röste auch den Schabzigerklee mit, weil danach alles viel einfacher zu mörsern ist. Die Goraka gieße ich mit kochendem Wasser auf und lasse sie einige Minuten einweichen, um sie ein wenig leichter verarbeitbar zu machen – bloß so ist sie zäh wie sehr hartes Schuhleder.

Sri-lankischer Zimt ist übrigens ganz besonders gut, berühmt, und, so kommt es mir vor, weniger süß, dafür komplexer, als das, was man so bei uns bekommt. Er schmeckt für mich weniger nach Weihnachten und Süßspeise, sondern mehr nach Curry. Ein bisschen Suchen kann sich also auszahlen. Wenn Sie keinen bekommen, gehen Sie mit normalem Zimt lieber vorsichtig um.

1 EL Fenchelsamen

1 EL Kreuzkümmel

2 EL Koriandersamen

1/2 EL Bockshornklee

1–2 EL scharfes Chilipulver

3 Knoblauchzehen, grob gehackt

1 daumengroßes Stück Ingwer, grob gehackt

5 Stück Goraka (oder 2 EL Tamarindenpaste)

1/2 Kg Makrele

Salz

1/2 Zwiebel

1 Nelke

2 Kardamomkapseln

5–10 Curryblätter (frisch oder gefroren)

1 daumengroßes Stück Zimt

Fenchelsamen, Koriandersamen, Bockshornklee und Kreuzkümmel in einer trockenen Pfanne über mittlerer Hitze rösten, bis sie etwas Farbe angenommen haben und herrlich duften.

Foto: Tobias Müller

Mit dem Knoblauch, Ingwer, Chili und Goraka (oder Tamarindenpaste) in einem Mörser zu einer Paste mörsern.

Foto: Tobias Müller

Wer will und hat, nimmt eine Küchenmaschine. Bei Lust und Laune das Goraka-Einweichwasser dazugießen. Die Makrele in mundgerechte Stücke schneiden.

Foto: Tobias Müller

Gut salzen und mit der Paste einreiben. Mindestens eine halbe Stunde, gern auch über Nacht oder gar 24 Stunden im Kühlschrank marinieren.

Foto: Tobias Müller

Zwiebel fein hacken und gemeinsam mit Nelke, Kardamom, Curryblättern und Zimt sanft braten, bis die Zwiebel schön weich und glasig sind.

Foto: Tobias Müller

Den marinierten Fisch zugeben, mit einem Schuss Wasser angießen (wer hat, nimmt natürlich Fischfond) und auf hoher Flamme unter häufigem Rühren köcheln, bis der Großteil der Flüssigkeit verdampft ist, etwa zehn Minuten.

Foto: Tobias Müller

Darauf achten, dass der Fisch nicht ganz überkocht und auseinanderfällt – ein bisserl zerfallen wird sich nicht vermeiden lassen und macht auch nichts, aber Sie wollen keinen totalen Gatsch.

Foto: Tobias Müller

Entweder gleich oder, noch besser, aufgewärmt einen Tag später mit viel Reis und/oder Papadams servieren. (Tobias Müller, 16.2.2020)