Donnerstag mit den Philharmonikern im Konzerthaus, am Samstag im Musikverein: Dirigent Christoph Eschenbach.

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Der Anfang war dunkel und kalt. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs geboren, waren dem Sechsjährigen schon Vater, Mutter und Großmutter gestorben. Im ersten Nachkriegswinter überlebte der Bub aus Schlesien als Einziger eine Typhusepidemie in einem Flüchtlingslager in Mecklenburg. Bei einer Cousine seiner Mutter, einer Klavierlehrerin, fand das verstummte, traumatisierte Kind Aufnahme, Musik wurde zu seinem Genesungsmittel.

Der Bub hieß Christoph Ringmann, er nahm bald den Namen seiner Verwandten an, wurde erst selbst Pianist, dann Dirigent, ein weltberühmter. Nun feiert Christoph Eschenbach dieser Tage seinen 80. Geburtstag mit den Wiener Philharmonikern, ein Abend im Konzerthaus stand am Beginn seiner vier Auftritte mit dem Orchester.

Teddybärweich, kantenfrei

In Gustav Mahlers Rückert-Liedern sang Matthias Goerne über die Liebe, den Rückzug und den Tod. Der Tod stand ihm gut: Umfangen, eskortiert von den philharmonischen Bläsern demonstrierte der Deutsche im letzten der fünf Lieder, Um Mitternacht, die teddybärweiche, kantenfreie Macht seines Baritons.

Die Pianowelten der Liebe hatte der gelernte Liedsänger zuvor in eher verwässerten, dünnen Stimmfarben geschildert: Da werden Goerne die kompakteren Raumverhältnisse des Großen Musikvereinssaals, in dem das Programm am Wochenende wiederholt wird, wohl mehr entgegenkommen. Nach der Pause spielten die Wiener Philharmoniker unter Eschenbachs so beseelter wie akkurater Leitung ein Klavierquartett, und zwar das erste von Johannes Brahms, in der Bearbeitung für Orchester von Arnold Schönberg.

Die Philharmoniker geigten mit der gezähmten und doch stolzen Kraft und der versammelten Energie von Lipizzanern auf: mit edler, energischer Emotionalität. Der dritte Satz, das Andante con moto, wurde zum Herzstück dieser erstklassigen Kammermusikpartie in Orchesterstärke. Heller, wärmender Beifall am Ende. (Stefan Ender, 14.2.2020)