Pendeln kostet Geld und (manchmal) Nerven. Wie die Pendlerpauschale künftig aussieht, muss die Bundesregierung erst auspendeln.

Foto: Karl Schöndorfer TOPP

Gut gemeint ist die halbe Miete. Gut gemacht, darauf kommt es letztlich aber an. Auch bei der Pendlerpauschale. Dort will die türkis-grüne Bundesregierung laut Regierungsprogramm nachschärfen, wörtlich: "Erhöhung der Treffsicherheit". Denn was ursprünglich dazu gedacht war, strukturschwache Regionen gegen die Landflucht zu unterstützen, fließt zu einem nicht unbeträchtlichen Teil an Menschen mit kurzen Arbeitswegen – und Jahreseinkommen von mehr als 50.000 Euro. Das zumindest belegt die jüngste Erhebung des Verkehrsclubs Österreich (VCÖ).

Dieser hat Daten des Finanzministeriums ausgewertet und kommt zu folgendem Ergebnis: 40 Prozent der Empfänger haben einen Arbeitsweg von weniger als 20 Kilometern. Ein Viertel der Bezieher der Pendlerpauschale verdient außerdem mehr als 50.000 Euro im Jahr. Damit ist der Anteil der Pendler mit einem Gehalt von 50.000 Euro oder mehr im Zeitverlauf gestiegen, 2015 lag er beispielsweise noch bei rund einem Fünftel.

Zwei Pauschalen für Pendler

Die Anzahl der Bezieher mit kurzem Arbeitsweg sei viermal so hoch wie der Anteil von Personen mit einer Pendeldistanz von mehr als 60 Kilometern, meint Michael Schwendinger, Ökonom beim VCÖ. Das sei auch deshalb relevant, weil es ja ohnehin den Verkehrsabsetzbetrag (VAB) gibt, der die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte pauschal abgilt. Der VAB liegt bei 400 Euro pro Jahr und kürzt die Einkommensteuer. Je billiger die Fahrt zum Arbeitsplatz, desto größer ist der VAB relativ zu den Pendelkosten. Die Pendlerpauschale kommt oben drauf und ist unabhängig vom VAB. Das begünstigt Pendler mit kurzen Arbeitswegen. Also eher den Speckgürtel als das strukturschwache Land.

Dass besonders viele Bezieher der Pendlerpauschale kurze Arbeitswege haben, zeigt für Schwendinger eines: "Wer meint, die Pendlerpauschale unterstützt in erster Linie Personen aus strukturschwachen Regionen, die lange Arbeitswege haben, irrt."

Spitzengagen bei Beziehern

Zudem ist die Pendlerpauschale unabhängig vom Gehalt. Anspruch auf die Leistung hat jeder, der einen besonders langen Weg zur Arbeit hat oder einen, der via öffentlichen Verkehr nicht zumutbar ist. Die Höhe hängt von der Entfernung zum Arbeitsplatz ab. Weil die Pauschale ein Steuerfreibetrag ist, vermindert sie die Steuerlast entsprechend dem Grenzsteuersatz des Beziehers. Heißt in einfachen Worten: Wer mehr verdient, profitiert in Summe stärker von der Leistung. Hauptprofiteure sind demnach die rund fünf Prozent der Bezieher dieser Pauschale, die mehr als 100.000 Euro verdienen.

Daran stößt sich nicht nur der VCÖ. Auch vonseiten des Klimaschutzministeriums wünscht man sich eine Pendlerpauschale, die allen Pendlern zu gleichen Teilen zugutekommt. Und eine, die ökologische Akzente setzt. Es sollen Anreize geschaffen werden, damit mehr Menschen auf den öffentlichen Transport umsteigen. Bereits bei einem Arbeitsweg ab zwei Kilometern kann derzeit um das Pendlergeld angesucht werden. Das fördere besonders das Pendeln mit dem Auto, beklagt der VCÖ.

Türkis-Grün will die Pendlerpauschale möglichst bald angehen. Immerhin kostet die Pauschale den Bund jährlich rund 1,3 Milliarden Euro. Wie die Subvention ökologisiert und treffsicher gemacht werden soll, ist indes offen. Das Finanzministerium bittet um Geduld.

"Die Neugestaltung der Pendlerpauschale ist eine der Maßnahmen, auf die die Regierung sich bei ihrer Regierungsklausur geeinigt hat und die bereits ab 2021 wirksam sein soll", heißt es aus dem Ressort. Konkrete Modelle dafür würden erst erarbeitet. (Aloysius Widmann, 15.2.2020)