Öbag-Chef Thomas Schmid hat viel Spielgeld zur Verfügung.

Foto: HO

Thomas Schmid hat derzeit viel um die Ohren. Der Chef der Staatsholding Öbag, die Anteile an wichtigen Betrieben wie Post, Telekom, Verbund, OMV oder Casinos Austria hält, wird rund um die Bestellung von FPÖ-Mann Peter Sidlo zum Casinos-Vorstand von der Korruptionsstaatsanwaltschaft als Beschuldigter geführt. Nun wurde bekannt, dass Schmid, der alle Vorwürfe zurückweist, ein heikles Treffen hatte. Er logierte in der Ferienvilla der Medientycoons Christoph ("Krone") und Eva ("Heute") Dichand in Sardinien.

Eng mit den Dichands

Ein Kurier-Bericht über den Abstecher im vergangenen Sommer wirft nun Fragen des korrekten Verhaltens eines Managers im Staatsbereich mit auf. Denn die Dichands sollen sich dereinst auch für eine Beteiligung an den Casinos interessiert haben, an denen die Öbag ein Drittel hält. Die Holding teilt dazu mit: "Es gibt keinerlei geschäftliche Beziehungen zwischen den Unternehmungen der Familie Dichand und der Österreichischen Beteiligungs AG." Die Freundschaft Schmids zu den Dichands betreffe die Privatsphäre und werde nicht weiter kommentiert.

Thomas Schmid will bei Beteiligungen zuschlagen.
APA/HERBERT NEUBAUER

Schmid war damals in seiner Tätigkeit im Finanzministerium auch für das Glücksspiel zuständig. Doch das ist noch nicht alles: Die Neos thematisieren den Umstand, dass Schmid trotz fehlender Erfahrung in der Privatwirtschaft den Posten ergattern konnte – noch dazu als Alleinvorstand.

Angeblicher Casinos-Öbag-Deal

Zur Erinnerung: Ex-Casinos-Chef Alexander Labak hat den Ermittlern von einem angeblichen Deal berichtet. Schmid habe den Posten mit alleiniger Zuständigkeit bekommen, weil die ÖVP im Gegenzug Sidlo akzeptiert habe. Auffällig: Selbst innerhalb der ÖVP haben gewichtige Stimmen Bundeskanzler Sebastian Kurz darauf aufmerksam gemacht, dass Schmid zumindest am Anfang einen in der Privatwirtschaft erfahrenen und mit Börsen vertrauten Vorstandskollegen benötige. Die Ratschläge wurden offenbar ignoriert.

Schlechter Zeitpunkt

Die Turbulenzen kommen zu einem ungünstigen Zeitpunkt, denn Schmid arbeitet derzeit hart an seinem Vorzeigeprojekt: Der frühere Generalsekretär im Finanzressort will mit der Staatsholding ins Beteiligungsgeschäft einsteigen. Ziel ist es, strategisch wichtige Betriebe in Österreich zu halten und vor Ausverkauf zu schützen.

Erich Erber empfing Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner.
Foto: HO

Da passt es gut, dass gerade ein Verkaufsprozess für ein Unternehmen stattfindet, das auf die Öbag zugeschnitten ist. Ein führender Biotech-Betrieb, noch dazu mit beachtlichen Forschungsaktivitäten in Österreich. Diagnostik, Pflanzenschutz, Impfstoffe oder Toxinbinder zählen zum Betätigungsfeld des Unternehmens. Die Rede ist von der niederösterreichischen Erber Group mit knapp 1400 Mitarbeitern und Verkaufsstellen in 130 Ländern.

Erber will verkaufen

Gründer Erich Erber will seine Anteile verkaufen. Wie DER STANDARD erfahren hat, hat sich die Öbag schriftlich an Erber gewandt und ihr Interesse an einem Einstieg bekundet. Detail am Rande: Die Staatsholding soll in dem Schreiben ihre politische Unabhängigkeit hervorgestrichen haben, was angesichts der Casinos-Vorwürfe für eine gewisse Erheiterung gesorgt habe. Die Öbag wollte dazu keine Stellungnahme abgeben.

Der Wert von Erber wird auf rund 600 Mio. Euro geschätzt, für ein Viertel müsste die Staatsholding also 150 Millionen in die Hand nehmen. Gerüchteweise hat der schwedische Fonds EQT die Nase bei Erber vorn. Sie ist ein Investment-Vehikel der Wallenberg-Dynastie, die an namhaften Konzernen wie ABB, Astra Zeneca oder Ericsson beteiligt ist.

Bei Wallenbergs im Schlepptau?

In Branchenkreisen wird spekuliert, dass EQT 50 Prozent nehmen könnte, die Öbag im Schlepptau einen Viertelanteil. Der Rest soll bei der Familie Erber verbleiben. Die genaue Buchprüfung im Rahmen der sogenannten Due Dilligence läuft angeblich bereits. Ist es also denkbar, dass Schmid noch in seinem ersten Amtsjahr – er fungiert seit 1. April 2019 – mit einer Beteiligung aufwarten kann? Am Samstag dementierte die Öbag: Das Interesse an Erber wird zwar bestätigt, man sei aber nicht in den Verkaufsprozess von Erber involviert.

Auch in diesem neuen Geschäftsfeld werden seine Schritte kritisch beäugt. Schmid hat nämlich bei den Beteiligungen recht viel Spielgeld zur Verfügung und noch dazu ziemlich freie Hand. Die Höhe der möglichen Ausgaben orientiert sich an den Dividendenausschüttungen der jetzigen Beteiligungen und liegt derzeit bei rund 500 Millionen Euro. Sollte die Öbag zuschlagen, reicht ein Aufsichtsratsbeschluss. Weder Finanzminister noch Parlament sind eingebunden. Die Holding hat bereits eine Liste mit 100 strategisch bedeutsamen Unternehmen erstellt, die für Investments in Frage kämen.

Neos schäumen

Neos-Parteichefin Beate Meinl-Reisinger hält die Machtkonzentration für verfehlt, warnt vor einer Verstaatlichungswelle und fordert die Bestellung eines zweiten Vorstandsmitglieds. Die Öbag-Konstruktion findet die Politikerin auch insofern seltsam, als die ÖVP in früheren Zeiten das Credo: "Mehr privat, weniger Staat" getrommelt habe. Die Staatsholding verteidigt die Strategie und betont, dass eine Verstaatlichungswelle nicht bevorstehe und nur Minderheitsbeteiligungen erworben werden dürfen. Beteiligungen seien nur eine Möglichkeit, keine fixe Vorgabe. Bei der Liste mit den 100 Firmen werden als Marktbeobachtung und keine fixe Liste von Einstiegsobjekten, heißt es sinngemäß aus der Öbag. (Andreas Schnauder 15.2.2020)