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Protest in Brasilien gegen die Ernennung Sergio Camargos zum Zuständigen für die Rechte schwarzer Brasilianerinnen und Brasilianer.

Foto: Reuters / Ueslei Marcelino

Brasíla – Er selbst nennt sich einen "Schwarzen vom rechten Flügel" und einen "Gegner der Opferhaltung" – und Rassismus in Brasilien hält er überhaupt für nicht existent. Jenen schwarzen Brasilianerinnen und Brasilianern, die diesen in ihrem täglichen Leben durchaus feststellen können, hält er entgegen, sie seien "dumm und von den Linken falsch informiert". Die Bestellung von Sergio Camargo, einem Anhänger des rechtsradikalen Präsidenten Jair Messias Bolsonaro, zum Chef der staatlich finanzierten Fundação Palmares war daher mehr als umstritten. Denn Aufgabe der Organisation ist es, die kulturellen, historischen und sozialen Rechte schwarzer Menschen in Brasilien zu schützen.

Weil sich die Regierung damit nun doch durchgesetzt hat, herrscht, wie die BBC berichtet, unter jenen, die in Brasilien über Rassismus forschen nun "Angst und Ärger". Der neue Chef des Palmares-Instituts würde in keiner Weise jene vertreten, die sich in gegen den Rassismus und für gleiche Rechten einsetzten, finden sie. Die brasilianische Professorin Ana-Lucia Araujo nennt die Ernennung in dem Bericht gar "den Versuch, alles zu zerstören, was Afro-Brasilianer und ihre Bewegung seit dem Ende der Militärdiktatur aufgebaut haben".

Unpassender Sklaverei-Vergleich

Eduardo Bolsonaro, Sohn des Präsidenten, freute sich auf Twitter hingegen über die Bestellung – und legte gleich noch einen denkbar unglücklichen Vergleich nach. Camargo sei "extrem wichtig, um die Handschellen der ideologischen Sklaverei abzuschütteln, denen Brasilien ausgesetzt ist", schrieb er – und meint damit das, was er oft als "linke Meinungsdiktatur" bezeichnet. Er trifft damit einen ohnehin wunden Punkt. Denn auch sein Vater, der Präsident, hatte die Verwicklung Brasiliens in den historischen Sklavenhandel in der Vergangenheit mehrfach abgestritten – und auch die Verantwortung der früheren Kolonialmacht Portugal. Beide Staaten waren tatsächlich aber massiv in den Sklavenhandel und in die Sklaverei verwickelt. Brasilien war bis 1888 der letzte Staat der westlichen Hemisphäre, in dem sie legal war.

Die Bestellung Camargos folgt auf eine Reihe anderer umstrittener Personalentscheidungen, in denen auf den ersten Blick unpassende Kräfte für sensible Posten ausgewählt wurden. So sorgte vor etwas mehr als einem Jahr die Bestellung von Damares Alves zur Ministerin für Frauen und Menschenrechte für Erstaunen. Die evangelikale Pastorin lehnt das Recht auf Abtreibung ab und plädiert für Enthaltsamkeit vor der Ehe, um die hohe Rate von Teenager-Schwangerschaften in Brasilien einzuschränken. In ihre Antrittsrede definierte sie damals ihre Prioritäten: "Niemand wird uns mehr daran hindern, unsere Töchter Prinzessinnen zu nennen". Zudem beschrieb sie "eine neue Ära in Brasilien: Die Buben ziehen sich blau an und die Mädchen rosa".

Goebbels-Rede übernommen

Erst vor einigen Wochen hatte zudem der Kultursekretär Roberto Alvim für Entsetzen gesorgt. Er hatte in einer Video-Rede, untermalt von Wagner-Musik, fast wortgleich den nationalsozialistischen Propagandaminister Joseph Goebbels zitiert. "Die brasilianische Kunst des nächsten Jahrzehnts wird heroisch sein und sie wird national sein. (...) Oder sie wird nichts sein", hatte Alvim 2020 gesagt. "Die deutsche Kunst des nächsten Jahrzehnts wird heroisch, sie wird stählern romantisch (...) sein, oder sie wird nichts sein", waren Goebbels Worte 1933 vor Theaterleitern. Alvim sprach später von einem "rhetorischen Zufall", er habe nicht gewusst, woher das Zitat stammt. Später wurde er dann entlassen. (mesc, 15.2.2020)