Nach dem Unfall vom Samstag überlegen die Wiener Linien, gegen einen Gaffer vorzugehen. Andere Fahrgäste reagierten richtig – sie riefen via Notstopp-Knopf Hilfe.

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Wien – Nach dem tödlichen Unfall an der Wiener U6-Station Am Schöpfwerk prüfen die Wiener Linien nun rechtliche Schritte gegen eine Person, die Aufnahmen angefertigt und diese an Medien weitergegeben hat. Wie die Pressesprecherin der Wiener Linien, Lisa Schmid, dem STANDARD bestätigt, geht es dabei um Material, das unmittelbar nach dem Vorfall angefertigt wurde. Jene Person, gegen die nun womöglich rechtliche Schritte eingeleitet werden sollen, hatte nach dem Unfall das Opfer gefilmt, das zuvor zwischen zwei Waggons in den Gleisbereich gefallen war.

Vorausgegangen war dem Vorfall eine Diskussion zwischen dem späteren Opfer und dem Fahrer, wie Schmid schildert. Die vermutlich alkoholisierte Frau hatte sich in der Station im U-Bahn-Türbereich aufgehalten, sie wurde von Fahrer zunächst via Durchsage und dann auch persönlich aufgefordert, entweder ein- oder auszusteigen. Nachdem die 31-Jährige dann den Waggon verlassen hatte, habe sich der Fahrer vergewissert, dass sich niemand mehr hinter der gelben Linie aufhalte – dann sei er losgefahren. Die Frau habe sich erst danach wieder dem schon fahrenden Zug genähert. Schließlich sei es zum Unfall gekommen.

Fahrgäste drückten Notstopp-Knopf

Andere Fahrgäste, die zum Unglückszeitpunkt anwesend waren, hätten laut Schmid richtig reagiert: Sie drückten den Notstopp-Knopf und setzten damit schnell die Rettungskette für die Verunfallte in Gang. Zumindest eine andere Person habe stattdessen gefilmt – und die Aufnahmen danach Medien angeboten. Dass es immer wieder zu Gaffer-Vorfällen bei Rettungseinsätzen im Wiener Linien-Netz komme, sei leider "prinzipiell so", sagt Schmid.

Laut einem 2018 vom Nationalrat beschlossenen Gesetz drohen Gaffern, die Handyfotos von Unfallopfern machen oder Rettungseinsätze behindern – was am Samstagabend nicht der Fall gewesen sein dürfte – Geldstrafen von bis zu 500 Euro. Bei besonders erschwerenden Umständen droht sogar Haft von ein bis zwei Wochen. Das alles gilt allerdings erst, wenn man sich Abmahnungen oder Anordnungen der Polizei widersetzt. (mesc, 16.2.2020)