Der Computer-Zauberwald muss noch warten, die App wurde verschoben. Das Einschreiben funktioniert derweil noch sehr analog.

Foto: Hendrich

Wien – Poldi trägt ein feuerrotes Kleid und eine farblich passende Mütze. Mit dieser Ausrüstung steht sie jetzt am Beginn eines gaaaaaanz, gaaaaaanz großen Abenteuers. Die Koboldin aus der neuen Schuleinschreibe-App für angehende Volksschulkinder spricht betont langsam, für manche Ohren sogar ein wenig enervierend. "Los geht’s", auf in den Computer-Zauberwald!

Insgesamt 26 Pilotschulen haben sich freiwillig gemeldet und in den vergangenen Wochen erstmals mit dem Programm gearbeitet. Die Rückmeldungen an das Bildungsministerium waren gelinde gesagt durchwachsen. Als Sofortmaßnahme verkündete man im Haus am Wiener Minoritenplatz: Das Online-Screening soll doch nicht wie geplant bereits im kommenden Schuljahr verpflichtend zum Einsatz kommen.

Stattdessen setzt man jetzt auf Freiwilligkeit. Das neue Tool, mit dem österreichweit erstmals einheitliche Kriterien zur Feststellung der Schulreife zur Anwendung kommen würden, "soll so attraktiv werden, dass die Schulen selbst danach fragen", erklärt Generalsekretär Martin Netzer.

Ziel sei auch gewesen, Förderbedarf, oder auch herausragende Fähigkeiten bei Kindern früh zu erkennen – quasi als Unterstützung für die Lehrkräfte. Die Entscheidung über Schulreife oder nicht bleibt auch bei dem neuen Verfahren in den Händen der Pädagoginnen und Pädagogen. Noch ist die Hilfe nicht angekommen: Zu lang, zu viel, zu schwierig – das sind kurz gefasst die Hauptkritikpunkte am digitalisierten Schuleinschreibeprozess.

Im Ministerium will man schnell reagieren und die bis zu 45 Minuten Testzeit, die pro Kind in der realen Einscheibesituation angefallen sind, verkürzen: "Wir wollen auf 20 bis 25 Minuten herunterkommen", gibt Netzer die Richtung vor. Dafür müssen natürlich auch die Aufgaben deutlich reduziert werden – was auf der anderen Seite Probleme mit der Aussagekraft bringen kann.

Leichteres Handling

Fix ist: Jene Aufgaben, mit denen besondere Begabungen von Kindern identifiziert werden sollen, wird es in einer neuen App-Version nur noch als Option geben. Wenn Poldi die Kinder also auffordert, bis zu fünf Zahlen aus dem Gedächtnis wiederzugeben, wird das künftig nur noch einen Teil der Fünfjährigen erreichen.

Auch um den Arbeitsaufwand der Lehrkräfte will man sich kümmern: Ihnen soll das Handling damit erleichtert werden, dass sie nach dem Update nicht mehr zwischen Touchscreen und begleitend zum Einsatz kommenden Aufgaben auf Papier wechseln müssen – es geht in Richtung alles online. Einzig eine Übung, mit der explizit grafomotorische Fähigkeiten der Kinder ermittelt werden, bleibt bei der Papier-und-Bleistift-Version. Ob Poldi auch eine andere Stimme bekommen soll, ist noch nicht geklärt.

Für das auf zwei Jahre angesetzte Projekt wurden im Bildungsministerium rund 150.000 Euro budgetiert, sagt Generalsekretär Netzer – inklusive wissenschaftlicher Begleitung durch ein Team von Entwicklungspsychologen der Uni Graz. Auch die anstehenden neuen App-Entwicklungsschritte seien in diesem Betrag bereits enthalten. Wenn dann alle genannten Änderungen erfolgt sind, hofft Netzer, "dass wir damit etwa ein Viertel der Schulen erreichen".

Warten auf die Zahlen

Ob Poldi trotz der Kritik die regionalen Unterschiede bei der Entscheidung über Vorschule oder erste Klasse einebnen konnte, lässt sich derzeit noch nicht sagen – die Zahlen zu den eben erst abgeschlossenen Schuleinschreibungen werden erst in den kommenden Wochen ausgewertet. (Karin Riss, 17.2.2020)