Einen türkischen Supermarkt will man beim Welser Wochenmarkt nicht.

Foto: Stadt Wels

Wels – Einen Supermarkt, der orientalische Produkte und Halal-Fleisch anbietet, gleich neben dem heimischen Wochenmarkt – das will die Stadt Wels offenbar nicht haben. Wie die "Oberösterreichischen Nachrichten" ("OÖN") berichteten, war der Einzug des deutsch-türkischen Lebensmittelhändlers Freshland in eine Immobilie im Welser Stadtzentrum bereits weitgehend unter Dach und Fach, bis Vizebürgermeister Gerhard Kroiß (FPÖ) beim Eigentümer interveniert habe.

Der Supermarkt spreche die türkische Community an, und "an einem so sensiblen Ort wie dem Welser Wochenmarkt passt der dort nicht hin", sagte Kroiß den "OÖN". Gegenüber dem STANDARD weist Kroiß den Vorwurf der Diskriminierung zurück: Egal ob kroatisch, afghanisch oder türkisch – man wolle einen Supermarkt, der "alle anspricht und nicht nur eine Gruppe".

Sachverhaltsdarstellung wegen Verdachts auf Diskriminierung

Nun haben die Welser Grünen eine Sachverhaltsdarstellung wegen Verdachts auf Verstoß gegen das oberösterreichische Antidiskriminierungsgesetz beim Magistrat eingebracht. Diese Willkür dürfe man sich nicht gefallen lassen, Kroiß solle "das Integrationsressort schleunigst abgeben", sagt Thomas Rammerstorfer von den Grünen. Sie fordern, gegebenenfalls Geldstrafen zu verhängen.

"Ich habe noch nie erlebt, dass sich die Politik so in die Wirtschaft einmischt wie in Wels", sagt Eren Soyulmaz, Geschäftsführer von Freshland. Miete, Umbaumaßnahmen und alles Notwendige seien bereits mit dem Vermieter geklärt gewesen, als die Absage kam. Er behalte sich rechtliche Schritte vor, "aber wenn man mich hier nicht haben will, dann dränge ich mich auch nicht auf". Das bayerische Unternehmen mit Sitz in Unterhaching wirbt online mit einer "großen Auswahl an türkischen, orientalischen und mediterranen Spezialitäten" und "halal-zertifiziertem Fleisch".

In einem "sensiblen Bereich" keine falschen Signale

Der Supermarkt spreche gezielt die türkische Community an, und er werde als freiheitlicher Parteiobmann alles unternehmen, dass in einem so sensiblen Bereich wie dem Welser Wochenmarktgelände keine falschen Signale gesetzt werden, hatte Kroiß den "OÖN" gesagt. Man sei sich schlussendlich mit Bauunternehmer Markus Fehringer, dem die Immobilie gehört, einig geworden, dass nicht an Freshland vermietet wird. Fehringer war für den STANDARD nicht erreichbar.

Unterstützung bekam Kroiß von der ÖVP. "In seiner Positionierung passt Freshland nicht auf das Marktgelände. Außerdem brauchen wir während der Umbauarbeiten am Wochenmarkt Ausweichflächen", sagt Wirtschaftsstadtrat Peter Lehner (ÖVP). Für die Grünen ist das ein Skandal: Lehner sei dafür zuständig, "das Ansiedeln neuer Betriebe zu fördern, nicht zu verhindern", sagt der grüne Nationalratsabgeordnete Ralph Schallmeiner. (Johannes Pucher, 17.2.2020)