Wien – Obwohl Klaudia Tanner (ÖVP) in der Causa Eurofighter nun "einen Gang höher schalten" will, wie sie am Sonntagabend in der ORF-Sendung "Im Zentrum" verkündete, dürfte es noch dauern, bis die Verteidigungsministerin und der Jet-Hersteller einander so richtig kennenlernen. Denn wie aus zwei Schreiben von Airbus, die dem STANDARD vorliegen, hervorgeht, ließ der Luftfahrtkonzern offenbar bereits am Freitag, dem 14. Februar, sein am Tag zuvor übermitteltes Gesprächsangebot platzen – und zwar kurz vor 14 Uhr. Ein Sprecher von Airbus bestätigte dem STANDARD die Echtheit beider Dokumente.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) will in der Causa Eurofighter "einen Zahn zulegen" – doch das kann nach der Gesprächsabsage von Airbus noch dauern.
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In einer E-Mail, unterzeichnet von der Corporate Secretary bei Airbus Defence and Space, an Tanners Generalsekretär Dieter Kandlhofer wurde offenbar am Freitag um 13.59 Uhr übermittelt: "Für ein Gespräch in Wien in dem in der gestrigen Pressekonferenz geschilderten Format stehen wir nicht zur Verfügung."

Die Vorgeschichte: Angesichts des Eingeständnisses von Airbus, vormals EADS, gegenüber US-Behörden, dass es im Zuge des Eurofighter-Deals in Österreich 2003 zu unlauterem Verhalten, konkret zu politischen Zuwendungen, Provisionen oder Vermittlungsgebühren, gekommen sei, hatte die Verteidigungsministerin am Donnerstag, dem 13. Februar, um 14.30 Uhr eilig eine Pressekonferenz einberufen, um dem Hersteller mit Rückabwicklung des Vertrags als einer Option zu drohen ("Airbus wird mich noch kennenlernen!"). Dazu hatte Tanner ein Gesprächsangebot von Airbus publik gemacht – und gemeint, ihr Druck zeige schon Wirkung.

Nichts, nada, niente

Zudem hatte Tanner angekündigt, dass der Termin mit Airbus gemeinsam mit der Finanzprokuratur und unter Einbindung aller Wehrsprecher der Parlamentsparteien stattfinden soll – doch dazu dürfte es eben vorerst nicht kommen. Außerdem vertritt Airbus in seiner Absage-E-Mail den Standpunkt: "(...) dass wir nicht bereit sind, über eine irgendwie geartete 'Wiedergutmachung' beziehungsweise Schadenersatz oder eine Aufhebung beziehungsweise Rückabwicklung des Liefervertrages mit Ihnen zu sprechen". Denn: "Beide Forderungen entbehren jeder rechtlichen Grundlage, werden deshalb entschieden zurückgewiesen und auch nicht diskutiert."

Hintergrund: Aus der US-Vereinbarung mit Airbus geht auch hervor, dass das Unternehmen beziehungsweise "seine Verkäufer" in Österreich insgesamt rund 55 Millionen Euro rund um den Eurofighter-Ankauf "bezahlt, angeboten oder zu zahlen akzeptiert" habe – insgesamt habe Airbus Zahlungen an 14 Einzelpersonen, Berater oder Organisationen geleistet, die hätten gemeldet werden müssen.

Während Tanner nun auf die Nennung von Namen pocht, betont der Konzern, dass Airbus in seiner Vereinbarung mit dem US-Justizministerium "mit dem Verkauf von Eurofighter-Flugzeugen an Österreich" keineswegs "Bestechungszahlungen im Sinne des US-amerikanischen Antikorruptionsgesetzes" erklärt habe, wie wiederum aus einem Schreiben von Dirk Hoke, Chief Executive Officer von Airbus Defence and Space, hervorgeht, das dem STANDARD ebenfalls vorliegt.

Zum Nachhören: Nina Weißensteiner erklärt die Causa Eurofighter.

"Liebe Frau Tanner ..."

Konkret handelt es sich dabei offenbar um das Gesprächsoffert an Tanner vom Donnerstag, dem 13. Februar, das handschriftlich mit "Sehr geehrte Frau Verteidigungsministerin, liebe Frau Tanner" übertitelt ist. In diesem Schreiben ersucht der CEO, "in einen Gedankenaustausch" zu treten, am besten bei der Münchner Sicherheitskonferenz, die am Wochenende stattfand. Was die laufenden Verfahren betreffe, "vertrauen wir voll und ganz darauf, dass die österreichische Justiz unvoreingenommen die Schlüsse ziehen wird. Wie Sie wissen, kooperieren wir mit den relevanten Behörden in Österreich", schreibt Hoke demnach – offenbar eine Anspielung darauf, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft die hiesigen Bestechungsvorwürfe zunächst einmal für Anklageerhebungen auf den Boden bringen muss.

Und Airbus lässt in diesem Schreiben auch die Muskeln spielen, denn der CEO verweist auch auf die "vielfältigen Industriekooperationen" zwischen Airbus und Unternehmen der Luftfahrtindustrievereinigung Österreichs: "Airbus ist der größte Einkäufer dieser Branche und platzierte Aufträge im Wert von über 600M€ in 2018 in Österreich."

Zu dem ursprünglich erbetenen Treffen von Airbus am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz konnte es bekanntlich gar nicht erst kommen, weil Tanner vergangenen Freitagmittag ihren Besuch des Events absagt hat, um mit hochrangigen Militärs und der Finanzprokuratur zur Causa Eurofighter zu beraten.

In der Sendung "Im Zentrum" erklärte sie am Sonntagabend erneut: Sie wolle nun "so schnell wie möglich" einen Termin mit Airbus – obwohl ihr der Konzern keine 24 Stunden nach ihren Drohungen mit Vertragsausstieg bereits eine Absage erteilt hatte. Burgenlands Landeshauptmann und Ex-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ), unter dem die Republik einst Betrugsanzeige gegen Airbus erstattet hatte, warnte die Neo-ÖVP-Ministerin in der ORF-Sendung noch: "Airbus wird nicht auf Sie zukommen. Airbus versteht nur eine Sprache, und das ist die Sprache der Staatsanwaltschaft."

Tanner sieht Signal der Intransparenz

Kurz nach Montagmittag reagierte Ministerin Tanner via Aussendung auf die massiven Terminprobleme mit Airbus: "Wer vom Verhandlungstisch aufsteht, trägt dafür die volle Verantwortung", erklärte sie in einer ersten Reaktion. Airbus habe damit innerhalb von wenigen Tagen "seine Kommunikationslinie um 180 Grad" geändert. Die nunmehrige Gesprächsverweigerung bestätige sie in ihrer Entscheidung, alle weiteren Optionen zu prüfen: "Ich werde nichts unversucht lassen, um den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern ihr Geld zurückzubringen", so die Ministerin.

Am Donnerstag, um 10.00 Uhr, will Tanner mit den Wehrsprechern und dem Leiter der Finanzprokuratur weitere Beratungen dazu führen – mit der Gesprächsverweigerung bestätige Airbus "das Sittenbild, das uns seit Jahren gezeigt wird". Und weiter: "Meine Geduld ist jetzt nicht nur am Ende, sondern der Faden ist nun gerissen. Wer sich dem Gespräch verweigert, der darf sich nicht wundern, dass man sich vor Gericht wiedersieht. Wir prüfen daher zusätzlich noch eine zivilrechtliche Klage gegen Airbus." Zudem beauftragte Tanner den Generalstab, "alle Varianten einer zukünftigen Luftraumüberwachung ohne Eurofighter zu prüfen". (Nina Weißensteiner, 17.2.2020)