Von links: Trudeau, Solberg und Kurz in München.

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Das Panel, bei dem am Freitag Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mit dem kanadischen Ministerpräsidenten Justin Trudeau auf der Münchner Sicherheitskonferenz zusammentraf, sorgt auch Tage später für Interesse. Der Grund dafür ist, dass sich Kurz und Trudeau in Fragen der Migration einen kleinen Schlagabtausch lieferten.

Trudeau hatte zuvor ein Plädoyer für eine offene, liberale Gesellschaft und für Vielfalt gehalten: "Wir müssen lernen, uns zu öffnen für das andere." Der Westen müsse sich über seine Werte definieren, nicht über geografische oder andere Merkmale. "Wir haben Wanderungs- und Migrationsbewegungen auf der ganzen Welt, und so wird sich die Welt im 21. Jahrhundert weiterentwickeln." Jene, die gekommen seien, mit voller Kraft bei der Integration zu unterstützen zahle sich in späteren Jahren tausendfach aus.

Große Unterschiede und Kernwerte

Auch die norwegische Ministerpräsidentin Erna Solberg nahm an der Diskussion teil. Sie betonte die "großen Unterschiede" gegenüber traditionellen Einwanderungsländern wie den USA oder Kanada. Länder wie Norwegen und andere seien anders, da lebe die Bevölkerung schon seit Jahrtausenden. "Wir haben jedoch dieselben Kernwerte." Wenn man an westliche Kernwerte glaube, "dann sollten wir auch daran glauben, dass alle gleich viel wert sind".

Kurz entgegnete: "Wir haben einen ähnlichen Ansatz zur Vielfalt, aber einen Unterschied gibt es: Kanada hat sehr gute Regeln aufgestellt, wer nach Kanada kommen darf." Das seien sehr strenge Regeln, Kanada sei daher gewissermaßen ein "sehr exklusiver Klub".

Bei Minute 29:50 beginnt Justin Trudeau über Migration zu sprechen.
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Dass Kurz Kanada dafür gelobt hatte, gezielt gut ausgebildete Einwanderer anzuziehen, während Österreich Probleme mit schlecht ausgebildeten Syrern und Irakern aufweise, wollte Trudeau nicht stehen lassen. Es gebe einen Unterschied bei Kanadas Einwanderungssystem, da stimme er Kurz zu. Es sei ihm auch bewusst, dass die Zahlen in Kanada und Europa andere seien: "Das ist eine große Herausforderung."

Aber nicht die Ausbildung und die Fähigkeiten der Migrantinnen und Migranten seien ausschlaggebend, sondern dass man in ihre Integration investiere. "Wir sind positiv eingestellt gegenüber Einwanderung." Investitionen in die Zukunft von Einwanderern zahlten sich über die Generationen hinweg aus. Auch Kurz' Hinweis auf die hohe Zahl an Flüchtlingen in Österreich wollte Trudeau mit Blick auf jene in Jordanien, im Libanon und in der Türkei nicht gelten lassen.

Mit beiden Regierungschefs kam Kurz anschließend zu bilateralen Treffen zusammen. (giu, 17.2.2020)