Ihsan Oturmaks "Police Frisking Each Other" (2018).

Foto: Ihsan Oturmak

Fragwürdiges Geld macht sich auf der weißen Weste der Kunst nicht gut, fließt aber zu Museen. Es geht um Sponsorengelder. Das Dilemma ist bekannt, die Fälle, an denen sich die Debatte aufheizt, wechseln. Zuletzt gerieten Institutionen durch Künstlerproteste gegen Spenden der Familie Sackler unter Zugzwang. Es geht um einen Pharmakonzern, der mit Schmerzmitteln Milliarden verdient hat und für die US-Drogenkrise mitverantwortlich gemacht wird.

Auch die eigenen Verflechtungen mit der Waffen- und Rüstungsindustrie stellen den Kunstbetrieb seit langem vor ein moralisches Problem. Hito Steyerl verfolgt in Is the Museum a Battlefield? (2013) die Spur einer Patronenhülse zurück zum Ursprung. Liegen geblieben ist sie auf einem Schlachtfeld im ostanatolischen Van, wo Mitglieder der PKK 1998 von der türkischen Armee getötet wurden, darunter Steyerls Jugendfreundin Andrea Wolf.

Dokumentarische Spuren sowie daraus abgeleitete Gedankenspiele führen zu der von Stararchitekt Frank Gehry entworfenen Berlin-Zentrale des Rüstungskonzerns Lockheed Martin, führen ins Netz von Überwachungstechnologien sowie zur türkischen Koç Holding. Deren Kapital stammt aus Waffengeschäften, sie trat aber als Hauptsponsor der
13. Istanbul Biennale auf, bei der Steyerls Lecture-Performance präsentiert wurde.

Dokumentarisch und zynisch

Ana Hoffners Gegenüberstellung der Geschäftserfolge von Thyssenkrupp (das Unternehmen liefert U-Boote in Kriegsgebiete) und Meilensteinen aus der Tätigkeit von Francesca Habsburgs Stiftung Thyssen-Bornemisza Art Contemporary (TBA21) gibt sich vordergründig ebenfalls dokumentarisch. Es schwingt freilich auch reichlich Zynismus mit, wenn der Bogen vom U-Boot zum venezianischen "Ocean Space" der TBA 21 gespannt wird.

Ökonomische Zusammenhänge und Kapitalflüsse zwischen Kunst und Krieg sind die eine Seite der von Ezgi Erol ursprünglich für die Wienwoche 2018 konzipierten Gruppenschau Krieg kuratieren. Es geht andererseits auch um künstlerische Strategien der Aufarbeitung von Kriegserfahrung und Gewalt. Man nehme sich Zeit für Hiwa Ks Zweikanalvideoinstallation, die Kriegsprozesse ins Gegenteil verkehrt: Hier werden keine Glocken eingeschmolzen, um Waffen zu produzieren, sondern aus Kriegsrelikten u. a. aus den beiden Golfkriegen neue Glocken gegossen.

Unter die Haut geht Songül Sönmez’ Arbeit Forensic Body: Haarzöpfe hängen in reagenzglasartigen Zylindern von der Decke. Man hört forensische Berichte über die Schicksale von fünf jungen Frauen und Mädchen, die in kurdischen Territorien der Türkei ermordet wurden. Die Toten erzählen selbst. (Ivona Jelčić, 17.2.2020)