Die Gewerkschaften pochen auf die Einführung einer 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, die Arbeitgeber erachten dies als nicht machbar.
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Wien – Im Vorfeld der sechsten Verhandlungsrunde Kollektivvertragspoker in der Sozialwirtschaft zeigten sich Vertreter von Arbeitgebern und Arbeitnehmern vorsichtig optimistisch. Sie bezifferten die Wahrscheinlichkeit einer baldigen Einigung mit etwa 50 Prozent. Beide Seiten stützten ihre Hoffnungen vor allem auf Bewegung beim Gegenüber.

Die Gewerkschaften fordern weiterhin eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. "Wir hoffen, dass sich die konstruktiven Kräfte durchsetzen", sagte Eva Scherz, Verhandlerin für die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp), in Anspielung auf angebliche Unstimmigkeiten auf Arbeitgeberseite. Sollten sich die Verhandlungspartner "einen Ruck geben", könnte es schon bald zu einer Lösung kommen, kündigte sie an.

Beharren auf 35 Stunden

Etwas weniger zuversichtlich gab sich Vida-Verhandlerin Michaela Guglberger, die daran erinnerte, dass es im Lauf der Verhandlungen bereits einmal nach einer Lösung ausgesehen habe. "Aber dann ging es wieder noch weiter zurück als bis zum Start", sagte sie am Montag. Die Gewerkschaften bleiben bei ihrer Forderung nach einer 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich, möchten aber einen Etappenplan vorschlagen. Die Arbeitgeber erachten eine Arbeitszeitverkürzung nicht als machbar und haben zuletzt ein Angebot einer Lohnerhöhung auf den Tisch gelegt.

Optimistisch in die Verhandlungen startete am Montag Walter Marschitz, Verhandlungsführer der Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ). Er ortet "einige Punkte, wo wir uns annähern können". Die Arbeitgeber würden verschiedene Optionen ins Spiel bringen und dann abwarten, ob die Gewerkschaft darauf einsteigt. "Wir bessern nach", versprach er kurz vor dem Treffen. Grundsätzlich hoffte aber auch er auf Bewegung beim Gegenüber. "Manchmal ändert sich ja auch die Position auf Arbeitnehmerseite", sagte er und bekräftigte das Nein zur generellen Arbeitszeitverkürzung für alle Betriebe. Das halte er weder für sinnvoll noch "besonders innovativ", fügte er hinzu.

Wirkliche Probleme

Viel lieber würde er mit den Arbeitnehmern die wirklichen Probleme der Branche diskutieren, sagte Marschitz am Montag. Dass Arbeitszeiten grundsätzlich flexibler werden, halte er für gut, jedoch könne eine 35-Stunden-Woche nicht die einzige Lösung sein, merkte er an. In der Sozialwirtschaft gebe es so viele unterschiedliche Berufe, dass es nicht unbedingt sinnvoll sei, die Arbeitszeitverkürzung für alle einzuführen.

45 Prozent der von den Verhandlungen betroffenen Arbeitnehmer arbeiten in der Pflege, der Rest umfasst zahlreiche unterschiedliche Berufsgruppen. "Manche sind harte Berufe, manche eher weniger", so Marschitz. Würde man hier einen Unterschied machen, hätte man allerdings Schwierigkeiten mit der Abgrenzung und außerdem Probleme beim Personalausgleich in Branchen, in denen es ohnehin schon schwer sei, an Arbeitskräfte zu kommen.

Lange Verhandlungen

Einig waren sich beiden Seiten in der Frage der Verhandlungsdauer. "Wir stellen uns darauf ein, dass es bis in die Nacht dauern wird", sagte Scherz. Auch Marschitz stimmte zu. "Wir verhandeln schon lang genug", hoffte er auf eine rasche Einigung. "Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem die öffentliche Debatte nicht mehr hilfreich ist", sagte er.

Sollte es am Montag zu keiner Einigung für die 125.000 Beschäftigten im privaten Pflege-, Gesundheits- und Sozialbereich kommen, wird wieder gestreikt. "Wir sind gerüstet", kündigte Scherz mögliche Kampfmaßnahmen an. In der Vorwoche hatten bereits Warnstreiks stattgefunden, diese könnten noch zeitlich und regional ausgedehnt werden, hieß es. (APA, red, 17.2.2020)