Balakiyem Takougnadi von der SV Ried: "Man ist, wie man ist. Schwarz, weiß, hetero- oder homosexuell."

Foto: SVR/Schlosser

Moussa Marega verließ nach rassistischen Beleidigungen bei Vitoria Guimaraes den Platz.

Wien – Moussa Marega geht nicht den Weg des geringsten Widerstands. Zehn Minuten nach seinem Tor im Auswärtsspiel gegen Vitoria Guimaraes verließ der malische Stürmer des FC Porto in der 71. Minute den Platz. Die verzweifelten Bemühungen von Mit- und Gegenspielern, ihn daran zu hindern, wehrte der 28-Jährige entschieden ab. Laut Porto-Trainer Sergio Conceicao war der Spieler bereits beim Aufwärmen rassistisch beleidigt worden, die Untergriffe setzten sich während der Partie fort. Irgendwann hatte Marega mehr als genug.

Rassismus in Italien, Rassismus in Deutschland, nun auch Rassismus in Portugal. Kaum ein Spieltag im europäischen Fußball vergeht ohne diskriminierende Vorfälle. Hat sich die Situation verschlimmert? "Wir dürfen die Augen nicht verschließen", sagt Kurt Wachter, "es gibt in Europa rechtsextreme Strömungen, und die spiegeln sich im Fußball wider."

Erinnerung an Anthony Yeboah

Wachter hat 1999 das Netzwerk Fare (Football Against Racism in Europe) gegründet, er arbeitet am VIDC (Vienna Institute for International Dialogue and Cooperation) und sieht die Entwicklung nicht nur negativ: "Erinnern Sie sich an die Europacup-Partie zwischen Austria Salzburg und Eintracht Frankfurt 1994. Damals wurde Eintracht-Stürmer Anthony Yeboah vom Publikum rassistisch verhöhnt. Es gab keinen Aufschrei. Es hieß, das müsse ein Profi schon aushalten."

Mittlerweile hätten sich die Zeiten geändert, es gäbe einen breiten Konsens zur Ablehnung von Rassismus. "Der Fußball hat etwas dagegenzusetzen", sagt Wachter. In der Tat wurde auch das Regelwerk dementsprechend adaptiert. Seit 2013 können Schiedsrichter ein Match bei rassistischen Vorfällen unterbrechen oder gar abbrechen.

Forderung nach Maßnahmen

"Gut und schön", sagt Balakiyem Takougnadi von der SV Ried, "nur passiert leider nichts. Die Schiedsrichter müssten öfter eingreifen und die Regeln auch umsetzen." Der einstige österreichische Nachwuchsteamspieler verfolgt die internationale Entwicklung mit Sorge, in Österreich hat der 27-Jährige bisher nur vereinzelt Erfahrung mit Rassismus machen müssen: "Ab und zu hat jemand etwas hineingerufen. Ich habe mich davon nicht ablenken lassen. Wir Fußballer müssen uns viel gefallen lassen. Es macht aber einen großen Unterschied, ob man mich als Idiot bezeichnet oder ob ich aufgrund meiner Hautfarbe beleidigt werde."

Für den vorzeitigen Abgang von Marega hat Takougnadi Verständnis: "Man muss sich in seine Lage versetzen. Natürlich ist so etwas schlimm. Wenn man bei diesem Thema nicht sensibel wird, dann weiß ich auch nicht mehr. Man ist, wie man ist. Schwarz, weiß, hetero- oder homosexuell. Dafür muss man sich nicht beleidigen lassen."

Auch Kurt Wachter schlägt die Brücke zur Homophobie in heimischen Stadien: "Rassismus kann man im österreichischen Fußball nicht mehr offen ausleben, ich würde mir ein ähnliches Bewusstsein in puncto Homophobie wünschen." Sollte der Schiedsrichter das nächste Wiener Derby aufgrund der geradezu traditionellen homophoben Sprechchöre also unterbrechen? "Das wäre ein Novum – und sicher kein Fehler." (Philip Bauer, 17.2.2020)