Karl-Heinz Grasser muss sich nicht nur rund um die Causa Buwog verantworten. Auch die Finanz ermittelt seit Jahren.


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Wien – Die Verhandlung in der Causa Buwog, in der Exfinanzminister Karl-Heinz Grasser als Erstangeklagter vor Gericht sitzt, neigt sich langsam ihrem Ende entgegen. Am Dienstag findet der 136. Verhandlungstag statt, Thema ist die Telekom. Bis Ende April hat Richterin Marion Hohenecker noch Termine ausgeschrieben, für Zeugenbefragungen. Die Strafverteidiger dürften danach nicht mehr sehr viele eigene Zeugen beantragen, ist zu hören – viele Involvierte gehen davon aus, dass das Urteil gegen Frühlingsende gefällt wird.

Für Grasser, der nach der Politik ins Unternehmensreich des damaligen Bankers Julius Meinl V. eingetreten ist, sind die Causen Buwog und Terminal Tower Linz, in dem ihm die Annahme von Schmiergeld verworfen wird, aber nur ein Problem. Abseits dieses Verfahrens – Grasser bestreitet die Vorwürfe seit jeher und es gilt die Unschuldsvermutung – laufen gegen den Expolitiker auch Finanzverfahren.

Lange Schatten des Meinl-Engagements

Dabei geht es zum einen um Steuern für Einnahmen aus Grassers Meinl-Engagements, die die Finanzbehörden dem Exminister zurechnen, sie erheben den Vorwurf der vorsätzlichen Abgabenverkürzung (Einkommenssteuer). Das abgabenrechtliche Verfahren führt das Bundesfinanzgericht Wien, die Ermittlungen des Finanzstrafverfahrens führt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), in der die "Buwog-Staatsanwälte" damit beschäftigt sind.

Grasser, wird in der Causa Buwog von Manfred Ainedter verteidigt, Walter Meischberger hat seine Steuersache schon bereinigt (von rechts nach links).
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Die Ermittlungen laufen, die WKStA hat einen Finanzexperten beigezogen, Grasser weist auch diese Vorwürfe zurück. Er beruft sich auf eine Stiftungskonstruktion, die ihm sein früherer Steuerberater empfohlen und aufgesetzt habe.

Verdacht auf Abgabenverkürzung

Zudem gibt es ein Finanzverfahren, in dem es um die (Nicht-)Abführung von Körperschaftssteuer (KöSt) der Meinl Power Management Ltd. (MPM; Grasser saß im Board der Jersey-Gesellschaft) von 2007 bis 2010 geht, für die in den Augen der Behörden Grasser zuständig gewesen wäre. Auch diese Causa ist seit Jahren anhängig, und zwar beim Finanzamt Wien.

Das hat das Verfahren wegen des Verdachts der grobfahrlässigen Abgabenverkürzung Ende Jänner 2019 eingestellt. Der Vertreter der Finanz hat dagegen Beschwerde beim Bundesfinanzgericht (BFG) eingebracht – das hat nun am 17. Jänner entschieden. Und zwar, dass die Finanz für diese Causa gar nicht zuständig war, die Entscheidung wurde daher aufgehoben. Zuständig sei vielmehr das Strafgericht bzw. die WKStA. Das Verfahren gehöre mit dem Einkommenssteuer-Verfahren zusammengelegt, so das BFG sinngemäß.

OStA gab Weisung auf Einstellung

Dabei hat sich ab 2014 die Staatsanwaltschaft Wien und danach die WKStA mit der KöSt-Causa schon beschäftigt, das erhellt sich aus der BFG-Entscheidung. Sie ermittelte auf Basis von Berichten der Finanzer wegen vorsätzlicher Abgabenverkürzung. Im September 2017 wurde das Verfahren eingestellt, auf Weisung der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien: "kein Vorsatz", lautete ihre Ansicht. Den von der Behörde eingebrachten Fortsetzungsantrag wies dann das Straflandesgericht Wien zurück.

Rein theoretisch könnte die Steuerakte zum Buwog-Prozess hinzukommen, der von Richterin Marion Hohenecker geleitet wird. Rein theoretisch, denn es gibt weit und breit keine Anklage.
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Nun, nach der Entscheidung des BFG, könnte die WKStA das Verfahren wieder aufnehmen – ob sie das tut, ist aber noch offen. Tut sie es, dann stünde Grasser Rechtsmittel gegen die Wiederaufnahme zu. Das Bundesfinanzgericht jedenfalls wirft nun den involvierten Behörden vor, die gerichtliche Zuständigkeit der Anschuldigungen "nicht beachtet" zu haben. Und: Die Einstellung des gerichtlichen Finanzstrafverfahrens wird als "rechtswidrig, wenn auch rechtskräftig" eingestuft.

Verjährung hat längst eingesetzt

Die eher mühsam erscheinende Behördenarbeit hatte aber noch einen ganz anderen Effekt: Für die Jahre 2007 bis 2009 kam die Finanz im Bereich KöSt auf eine hinterzogene Steuersumme von 2,536 Millionen Euro. Doch zwischenzeitig wurde eine Verjährung nach der anderen schlagend. Übrig geblieben ist nur noch das Jahr 2009, in dem das Bundesfinanzgericht von 512.381,50 Euro Steuerschuld ausgeht.

Dass die Sache mehr als komplex ist – damit hält das Gericht nicht hinter dem Berg. Der vorsitzende Richter habe allein für die Lektüre der Entscheidung eines verwandten Verfahrens "rund 25 Stunden ohne Pause" benötigt, führt das Bundesfinanzgericht in der Entscheidung aus. Daher beschränkte man sich darauf, den Laienrichtern eine Zusammenfassung vorzulegen. Grassers Steuerberater Thomas Keppert gibt keine Stellungnahme zum Themenkomplex Finanzverfahren ab. (Renate Graber, Andreas Schnauder, 18.2.2020)