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Polizisten begleiten einen Afghanen in den Abschiebeflieger. Im Fall E. Z. hätte das unterbleiben sollen, rückwirkend betrachtet.

foto: dpa/kappeler

Wien/Kabul – Seine Tage verbringe E. Z., ein junger Afghane, derzeit in einem Zimmer in Kabul. Dieses verlasse er selten, meist nur, um sich etwas zu essen zu besorgen. Auf dem Gang des Hauses hätten ihn Mitbewohner angesprochen, ob er eh vorhabe, am Freitag regelmäßig in die Moschee zum Gebet zu kommen.

Das habe ihn in Angst und Schrecken versetzt: Gehe er nicht in das Gotteshaus, so falle es auf. Gehe er hin, so erkenne ihn vielleicht jemand – der weiß, dass er jahrelang in Österreich gelebt hat und hier zum katholischen Glauben übergetreten ist, was im heutigen Afghanistan Lebensgefahr zur Folge hat.

Appelle halfen nicht

So schildert die Flüchtlingshelferin Doro Blanke dem STANDARD die aktuelle Situation eines jungen Afghanen (Name ist der Redaktion bekannt), der vor zwei Wochen aus Österreich nach Kabul abgeschoben worden ist. Demarchen, Appelle, Proteste von hohen katholischen Vertretern wie dem Innsbrucker Bischof Hermann Glettler sowie hochrangigen Politikern hatten diesen Abtransport nicht verhindern können.

Nun aber meldet die Gerichtsbarkeit Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit an. Und zwar konkret das Bundesverwaltungsgericht, das E. Z. am Montag aufschiebende Wirkung gegen die Abschiebung zuerkannt und den Fall an den Verwaltungsgerichtshof delegiert hat.

Zwei Wochen zu spät

Bis zur Entscheidung des Höchstgerichts könnte E. Z. also nun in Österreich bleiben. Doch für ihn kommt das zwei Wochen zu spät.

Grund dafür ist die Hast, in der Fremdenbehörden und Fremdenpolizei Anfang Februar den Abtransport durchsetzten und eine rechtzeitige Beschwerde dagegen verunmöglichten; einen rechtzeitigen Beschluss sowieso.

Konkret war E. Z. am Sonntag, 2. Februar um 5.30 Uhr von einer Achterschaft Fremdenpolizisten in seiner Unterkunft im Burgenland aus dem Bett geholt worden. Zwei Tage später, am Dienstag, 4. Februar, saß er bereits im Frontex-Flieger.

Akute Zeitnot

Zu diesem Zeitpunkt hatte seine Anwältin Elke Weidinger die nunmehr erfolgreiche Beschwerde gegen die Ausweisung noch gar nicht eingebracht. Das schaffte sie erst am 5. Februar, und zwar aus Zeitmangel, denn von der Ablehnung der Asylberufung ihres Mandanten hatte sie erst am Freitag, 31. Jänner nachmittags Kenntnis erlangt.

Der zuständige Richter des Bundesverwaltungsgerichts hatte sein Urteil bei der letzten Verhandlung am 6. November 2019 nicht mündlich verkündet, sondern eine schriftliche Ausfertigung angekündigt.

Richter nannte Konversion "Fake"

Besagter Richter hatte E. Z. seinen Übertritt zum Katholizismus schlicht nicht geglaubt. Er nannte ihn ein "Fake". Dass der Afghane vor Gericht von dem Priester begleitet wurde, der die Taufgespräche mit ihm geführt hatte, beeindruckte ihn nicht – zumal der junge Mann seinen Taufschein erst zwei Wochen später ausgestellt bekommen sollte.

Derlei Urteile von Asylrichtern über die Ernsthaftigkeit religiöser Entscheidungen stoßen bei Repräsentanten der christlichen Kirchen seit längerem auf Kritik.

Asylkoordination: "Unhaltbare" Praxis

Scharfe Kritik kommt im Fall E. Z. auch von der NGO Asylkoordination. Hier zeige sich, wie "unhaltbar" die Praxis der Asylbehörden sei, Flüchtlinge während offener Rechtsmittelfrist an die Höchstgerichte abzuschieben, heißt es in einer Stellungnahme.

Der junge Afghane müsse nun schleunigst nach Österreich zurückgeholt werden: "Alles andere wäre ein Schlag ins Gesicht all jener, die auf Geltung rechtsstaatlicher Entscheidungen vertrauen", sagt Asylkoordinationsmitarbeiter Lukas Gahleitner. Das Innenministerium hat für Dienstag eine Stellungnahme angekündigt. (Irene Brickner, 18.2.2020)