Andrew Weatherall ist tot. Der britische Produzent wurde 56 Jahre alt.

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Selbst wenn er in seinem Leben nur den einen Job erledigt hätte, er wäre allein schon deshalb nachrufwürdig: James Weatherall hat Screamadelica von der britischen Band Primal Scream produziert.

Einen Tag vor Nirvanas Nevermind erschienen, war es mit diesem gemeinsam das Album zur Zeit. Primal Scream vermählten darauf die boomenden Clubsounds des (Acid) House mit Indierock und damit mit der Vergangenheit ihres Masterminds, der sich vom Drummer der Band The Jesus and Mary Chain zum Frontmann der Primal Scream gewandelt hatte.

Widerwilliger Star

Maßgeblich verantwortlich für dieses Meisterwerk war Produzent Weatherall. Der Brite ist nun unerwartet gestorben, ein Blutgerinnsel aus der Lunge ist ins Herz gelangt.

Primal Scream 1991.
Primal Scream - Topic

Weatherall war eher ein Typ, der im Hintergrund die Fäden zog. Als Produzenten und Remixer langsam Stars wurden, ergab er sich gewissermaßen dem Lauf der Geschichte, den klischeehaften Allüren dieser Rolle hat sich der Mann aus Windsor in Berkshire nicht ergeben.

Lange Listen

Mit seiner Erscheinung, die an einen Fleischhauer mit Marine-Vergangenheit erinnerte, produzierte er in den 1990ern große Acts wie New Order, Siouxsie Sioux, James, Björk oder Galliano und fertigte etliche Remixe für St. Etienne, eben Primal Scream, Happy Mondays, die Chemical Brothers, Howie B oder David Holmes. Beide Listen wären noch sehr lange auszuführen.

Ab 1992 veröffentlichte er mit Sabres of Paradise experimentelle Tracks, die (Acid) House weiterführten, ab Mitte der 1990er nahm er mit dem Produzenten Keith Tenniswood unter dem Titel Two Lone Swordsmen Dub-lastigere Alben auf. Vor allem Stay Down (1998), From the Double Gone Chapel (2004) sowie Wrong Meeting II (2007) gilt es hier zu erwähnen, widerspiegeln diese via Warp Records veröffentlichten Arbeiten doch am besten die Vielseitigkeit Weatheralls. Auf From the Double Gone Chapel befand sich gar eine Coverversion des Gun-Club-Klassikers Sex Beat.

CoverHeaven

Weatherall galt als Fixgröße der britischen Musikszene, ein launiger Typ, immer umtriebig und offen für Neues und einen guten Witz zur falschen Zeit. Andrew James Weatherall wurde 56 Jahre alt. (Karl Fluch, 18.2.2020)