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Einfach feiern, ohne auf einen Teststreifen starren zu müssen. So sollte es eigentlich sein.

Foto: Getty Images/Universal Images

Es mag ja gut gemeint sein, und doch ergibt es irgendwie ein schräges Bild. Die Drogeriekette DM bietet, wie auch andere Drogerien, Armbänder an, die K.-o.-Tropfen austesten können. Wer in einer Bar, einem Club oder wo auch immer seinen Drink aus den Augen lässt, kann einen Tropfen davon auf den Teststreifen am Handgelenk träufeln, sich grünes Licht holen und vergewissern, dass kein Fremder oder sogar die eigene Begleitung K.-o.-Tropfen ins Getränk geschüttet hat. Alles safe, Prost.

Keine Frage, K.-o-Tropfen sind eine üble Sache. Die flüssige, farb- und geruchlose Substanz, die in Getränke gemischt werden kann, macht wehrlos und manipulierbar, wie eine Kampagne des Wiener Frauenservice (MA 57) informiert.

Dass das K.-o.-Tropfen verursachen, merkt man viel zu spät und ist chancenlos, den Schwindel, die Wahrnehmungsschwierigkeiten bis hin zu eingeschränkter Beweglichkeit auch nur irgendwie einzuordnen. Später gibt es oft gewaltige Lücken in der Erinnerung an den betreffenden Abend. Ein "K.-o.-Tropfen-Schutz-Armband", wie es DM anbietet, soll all das im Vorfeld verhindern. "Sie werden auf einen Drink eingeladen oder bestellen ein Getränk und lassen es unbeaufsichtigt auf einem Tisch stehen, um zu tanzen. Danach wollen Sie sichergehen, dass Ihnen niemand etwas in Ihr Getränk gemischt hat", heißt es auf der Website zu dem Produkt.

Knackig-kurze Psychotests?

Doch irgendwie will sich damit kein Gefühl der Sicherheit einstellen. Unbeschwertheit schon gar nicht. Ebenso wenig, wenn man Trillerpfeifen oder Pfeffersprays als kostenloses Giveaway mit einem Empowerment-Lächeln in die Hand gedrückt bekommt. Diese Gadgets haben natürlich ihre Berechtigung. Allerdings auch die Frustration darüber, dass noch immer potenziell Betroffene offenbar allein die Zuständigkeit zugeschrieben wird, Gewalt zu verhindern. Wo bleiben knackig-kurze Psychotests für TürsteherInnen, die rasch erkennen lassen, dass da Frauen-, Trans- oder Homosexuellen-Hasser reinwollen? Zu heftig? Fragen sie bei jenen nach, deren Recht auf sexuelle Integrität ständig eingeschränkt oder völlig ignoriert wird."

Die Perspektive bezüglich Handlungsfähigkeit muss sich endlich von den Opfern wegbewegen, denn genau diese eingefahrene Perspektive löst Unbehagen mit Produkten wie diesen aus: Noch immer wird bei den Opfern von sexualisierter Gewalt entweder völlig unverblümt oder verklausuliert die Schuld gesucht. "Die war doch betrunken", "sagte doch erst Ja", "war falsch angezogen", "ließ ihn doch selber in ihre Wohnung" oder "die hat einfach getrunken, was man ihr vorgesetzt hat". Der Impuls, wie das Opfer Gewalt hätte verhindern können, ist noch immer extrem schnell da und weit verbreitet.

"Das könnte Sie auch interessieren"

Es ist kein Fortschritt, dass sich das Angebot an Antivergewaltigungsgadgets vergrößert und offenbar noch immer der unausgesprochene Konsens herrscht, dass man selbst dafür zuständig ist, kein Opfer von sexualisierter Gewalt zu werden. Es ist vielmehr ein Zeichen von Stagnation – mit der man auch noch Geld verdienen kann. Übrigens: Auf jener Seite der Website, wo die Armbänder zu finden sind, finden sich unter der Kategorie "Das könnte Sie auch interessieren" Schwangerschaftstests. Unpassend ist ein Hilfsausdruck. Andererseits ist es aber auch ein brutaler Wink auf die Zumutungen der von sexualisierter Gewalt Betroffenen. (Beate Hausbichler, 19.2.2020)