Ein kalter Hauch weht durch die seelenlosen Straßen. Verhüllte Gestalten eilen mit schnellem Schritt Richtung trautes Heim, vorbei an den abgeriegelten Wohnzimmern der Nachbarn. Die Sonne taucht hinter den Horizont und die violetten Schwingen des Abends ertränken ein weiteres Mal die letzten Lichtstrahlen, die die Gassen erhellten. Die Nacht bricht an.

Diese Szene möge an eine späte Stunde im Wuhan des Jahres der Ratte erinnern (2020), stellt aber eigentlich einen Tag im Florenz von 1348 dar. Damals wütete der Schwarze Tod in ganz Italien und forderte in den darauffolgenden Jahren europaweit mehr als 25 Millionen Leben – ungefähr ein Drittel der europäischen Bevölkerung des Mittelalters.

"Morgen werden es, wie Ihr Euch erinnert, vierzehn Tage,
daß wir Florenz verlassen haben, um uns zur Erhaltung
unserer Gesundheit und unsers Lebens etwas
aufzuheitern und der Trübsal, dem Schmerze und
der Angst zu entgehn, die man in unserer Stadt seit
dem Anbeginne dieser Pestilenz unaufhörlich vor
Augen hat [...]", schrieb der italienischer Schriftsteller Giovanni Di Boccaccio.

Tanz des Todes
Foto: pixabay.com

Ursprung

Gleichzusetzen mit dem neuartigen Coronavirus ist die Pestilenz der "Dark Ages" natürlich nicht. Die moderne Medizin trägt dazu bei, gefährliche Krankheitserreger in Schach zu halten. Ursachen können wesentlich schneller herausgefunden und Gegenmittel hergestellt werden als damals. Die Ärzte des 14. Jahrhunderts hingegen entwickelten wilde Theorien über den Ursprung der Pest: Unheilbringende Winde einer erzürnten Gottheit, eine bestimmte Konstellation von Planeten oder das angeblich von jüdischen Mitbürgern vergiftete Brunnenwasser sollen diese Pandemie über das Volk gebracht haben.

Seit 1894 wissen wir, dass die Seuche (auch heute noch) auf unterschiedliche Wege übertragen werden kann, wie beispielsweise durch den Biss von infizierten Flöhen oder durch Tröpfcheninfektion (Husten). Im Mittelalter waren vermutlich Rattenflöhe die hauptverantwortlichen Krankheitsüberträger.

Heilung

Die mittelalterliche Heilkunde war unfähig, der Krankheit Einhalt zu gebieten. Die alte Medizin basierte hauptsächlich auf den Lehren der vier Körpersäfte (Blut, Schleim, gelbe Galle, schwarze Galle), deren Gleichgewicht im Körper als für die Gesundheit essentiell galt.

Ärzte rieten, jede Nacht seitlich zu schlafen und sich keinesfalls auf den Rücken zu legen, um die Pest nicht weiter im Körper zu verteilen. Beim "Aderlass" öffnete man eine Vene im Oberarm, damit das infizierte Blut aus dem Körper rinnen konnte. Der damalige Papst Clemens VI. verbrachte die Dauer der Seuche zwischen zwei riesigen Feuern sitzend.

Als wären die Dinge nicht schon aussichtslos genug gewesen, so kann heute festgestellt werden, dass mehrere Formen der Krankheit im Umlauf waren, wobei am häufigsten die Beulenpest und die Lungenpest auftraten. Erstere rief die bekannten schwarzen Flecken und dunklen Beulen bei den Erkrankten hervor, welche bis zu zehn Zentimeter groß werden konnten. Die Symptome der Lungenpest waren unter anderem blutiger Husten, Atemnot und blaue Lippen. Noch lebende Infizierte wurden anfangs in normale Krankenhäuser gebracht, in die sie so unbemerkt die Pest einschleppten. Erst 1423 wurde in Venedig das erste Pest-Krankenhaus errichtet. Diese Einrichtungen schirmten quarantäneartig die Erkrankten vom noch gesunden Volke ab.

Die Karlskirche in Wien ist dem Pestheiligen Karl Borromäus geweiht.
Foto: Lukas Zeiler

Die Pest in Österreich

Die Pest kam vermutlich von Schiffen, die in Genua angedockt hatten, über die Alpen nach Österreich. In Wien starben im Jahre 1349 täglich etwa 480 bis 720 Menschen den schwarzen Tod. Die Friedhöfe waren überfüllt und die Bevölkerung fing an, Tote in Gruben vor der Stadt zu begraben. Verbunden mit der hohen Sterblichkeitsrate waren auch wirtschaftliche Folgen: Da es im ganzen Land an Arbeitskräften mangelte, mussten die noch lebenden Arbeiter in den Weingärten höher bezahlt werden. Auch die Universität musste zeitweise geschlossen werden.

Im 16. Jahrhundert verstarben in Dornbirn mehr als 50 Prozent der Einheimischen an der Seuche. 1349 trat die Pest erstmals in Feldkirch auf. Die jüdischen Feldkirchner wurden beschuldigt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Ähnlich erging es vielen jüdischen Mitbürgern in Salzburg. Sie mussten einen "gehörnten Hut" oder ein Glöckchen als Kennzeichnung tragen. 

#pest

Heutzutage tritt die Pest vereinzelt vor allem noch in Afrika und Asien auf. Die WHO hat zwischen 1994 und 2003 insgesamt 28.350 Pesterkrankungen registriert, wobei 2015 Menschen daran starben. 

Grund zur Sorge besteht jedoch nicht: Ein französisch-madagassische Forschungsteam hat 2003 einen Schnelldiagnosetest entwickelt, mit dem sich die Krankheitserreger im Körper in nur 15 Minuten nachweisen lassen.

Die Krankheit wird mit Antibiotika überwiegend erfolgreich behandelt und die Ansteckungsgefahr für Touristen ist überaus gering. 

TED-Ed

Pest und Corona - Fazit

Es wird stark davon ausgegangen, dass die COVID-19 Krankheit nicht die Ausmaße einer Pestpandemie erreichen wird. Die Medienwelle Corona ist sicherlich an keinem von uns vorübergezogen, aber wenn sogar unser Gesundheitsminister die Influenza als größere Gefahr bezeichnet, müssen wir uns keine Sorgen über das Wuhan-Virus machen.
TEDxVienna empfiehlt trotzdem, nach jedem Klogang die Hände zu waschen. (Lukas Zeiler, 25.02.2020)

Lukas Zeiler ist Blogautor für TEDxVienna

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