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Volkswagen sieht keine Veranlassung, auch Autokäufer mit Wohnsitz außerhalb von Deutschland freiwillig zu entschädigen.
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Wien/Wolfsburg – Der von Volkswagen angebotene Vergleich für Kunden, die vom Dieselskandal betroffen sind und sich einer Musterklage angeschlossen haben, gilt nicht für Personen, die beim Autokauf außerhalb Deutschlands gewohnt haben. Daher bekommen auch die rund 1.100 Österreicher und Südtiroler, die bei der deutschen Klage dabei sind, kein Geld. Das bestätigte VW am Dienstag.

"Ja, das können wir bestätigen", hieß es aus der Porsche Holding mit Sitz in Salzburg. Was die österreichischen Kunden, deren Autoabgaswerte manipuliert wurden, jetzt tun können? "Leider können wir aber keine Empfehlung abgeben für Kunden, die sich einem deutschen Verfahren angeschlossen haben."

Für Kolba eine "Frechheit"

Verbraucherschützer Peter Kolba hält es zwar für eine "Frechheit", dass österreichische Betroffene nicht in den Genuss der deutschen Einmalentschädigung kommen können. Er würde aber, wie auch deutsche Verbraucherschützer, ohnehin davon abraten. Für die Betroffenen schaue vermutlich mehr Geld heraus, wenn sie weiter den Klagsweg beschritten. Zudem gehe die Einmalentschädigung wohl damit einher, dass sich die Autohalter verpflichten müssen, rechtlich nichts mehr gegen VW zu unternehmen.

"Ich bin überzeugt, dass da eine Geheimhaltungsklausel mit entsprechender Konventionalstrafe drin ist", so Kolba, Obmann des Verbraucherschutzvereins (VSV). Diejenigen Konsumenten, die sich ab Ende März, wenn die VW-Plattform freigeschaltet sein soll, für den außergerichtlich Vergleich anmelden, "werden nochmal erschrecken", ist Kolba überzeugt.

Vergleich geplatzt

Vorige Woche, viereinhalb Jahre nach Auffliegen des Dieselskandals, platzten die Vergleichsverhandlungen von VW mit dem Verbraucherzentrale Bundesverband. Der deutsche Autokonzern bietet nun hunderttausenden deutschen Kunden eine Entschädigung an. Je nach Fahrzeug und Fahrzeugalter sollen die Deutschen, für die der Bundesverband eine Musterfeststellungsklage führt, zwischen 1.350 und 6.275 Euro bekommen. Im Mittel soll die Entschädigung etwa 2.000 Euro pro Fahrzeug betragen.

Die Musterfeststellungsklage des Verbraucherzentrale Bundesverbandes gegen Volkswagen füllt zahlreiche Aktenordner.
Foto: APA/AFP/RONNY HARTMANN

Klaus Müller, Chef des Bundesverbands, bezeichnete das VW-Vergleichsangebot am Montag als neuerlichen Kundenbetrug, er will weiter vor dem Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig für eine Verbraucherlösung kämpfen. Die deutschen Verbraucherschützer wollen dort feststellen lassen, dass VW Dieselkäufer "vorsätzlich und sittenwidrig" geschädigt hat und deshalb Schadenersatz zahlen muss.

Kolba: Dabeibleiben

Auf die deutsche Justiz setzt auch Kolba. Die Österreicher, die sich der deutschen Musterfeststellungsklage angeschlossen haben, sollten auf jeden Fall dabeibleiben. "Solange ich da angemeldet bin und die auch geführt wird, kann mein Anspruch nicht verjähren", erklärte der Jurist. Sollte aber der Bundesverband die Klage doch zurückziehen, sich doch noch mit VW einigen, ist es mit dem Verjährungsstopp aus.

"Dann muss ich innerhalb von drei Monaten klagen." Wer das tun will, kann sich von Kolbas Verein VSV unterstützen lassen. "Wir haben bereits einen Prozessfinanzierer, der Einzelklagen finanzieren wird." Der Prozessfinanzierer verlangt für die Klage nichts, im Erfolgsfall bekommt er einen Teil des erstrittenen Geldes. Wie hoch die Quote ist, wird noch verhandelt, so Kolba. Aber auch der Verein für Konsumenteninformation (VKI) und die Plattform Cobin Claim haben im Namen österreichischer Geschädigter Klagen gegen VW angestrengt. In Österreich sind mehr als 400.000 Autos des VW-Konzerns vom Abgasskandal betroffen.

Als Privatbeteiligte angeschlossen

Eine weitere, weitaus größere Gruppe von mutmaßlich Geschädigten ist jene, die sich dem Strafverfahren der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) als Privatbeteiligte angeschlossen, aber zivilrechtlich noch nichts unternommen hat. Das könnten laut Kolba bis zu 10.000 Personen sein. Durch den Privatbeteiligtenanschluss an das Strafverfahren gegen VW, Bosch und inzwischen auch Audi und Daimler ist die Verjährung ebenfalls gestoppt.

Juristisch wird es in der Affäre um manipulierte Abgastestwerte am 5. Mai wieder spannend. Da verhandelt der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) die Klage eines VW-Diesel-Käufers, der allein einen Prozess angestrengt hat. Die vom Höchstgericht gefällte Entscheidung dürfte die Rechtsprechung der zahlreichen deutschen mit der Sache befassten Land- und Oberlandesgerichte grundlegend beeinflussen. Zudem wird sich Mitte März der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in einem französischen Vorabentscheidungsverfahren darüber äußern, ob der Einbau einer Abschalteinrichtung gegen EU-Recht verstößt. (APA, red, 18.2.2020)