Bürgermeisterin Anne Hidalgo will bleiben.

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Seit 2014 wird Paris von einer Frau regiert – und dabei wird es auch bleiben. Die amtierende Sozialistin Anne Hidalgo führt in den Umfragen mit 25 Prozent, gefolgt von der konservativen Republikanerin Rachida Dati (19 Prozent). Agnès Buzyn wird auf dem dritten Platz gesehen – auch wenn die Macronistin noch zu kurz im Rennen ist, um schon in Umfragen aufzutauchen.

Der Kampf um Paris ist von lokaler, aber auch regionaler und nationaler Bedeutung: An der Seine laufen alle politischen Fäden zusammen, und wer im überdimensionierten Rathaus regiert, gilt fast automatisch als Präsidentschaftskandidat – oder eben als Kandidatin: Hidalgo, Dati und Buzyn werden das Rennen unter sich ausmachen, während die Männer als Stimmenlieferanten dienen: Der Grüne David Belliard dürfte im zweiten Wahlgang für Hidalgo eintreten, der Macron-Dissident Cédric Villani für Buzyn.

Hidalgo (60) fährt einen betont rot-grünen Kurs. Sie will im Stadtgebiet 170.000 Bäume pflanzen und die Innenstadt zur Fußgängerzone machen. Das wuchernde Geschäft mit Airbnb-Privatvermietungen will sie per Volksabstimmung eindämmen, die Touristen nur noch in Elektrobussen zu Sehenswürdigkeiten führen. Ab 2024 will sie zudem Diesel-Pkws aus Paris verbannen, ab 2030 auch solche mit Benzinmotoren.

Dati (53) hat bewusst ein Kontrastprogramm zu Hidalgo gezimmert. Die ehemalige Justizministerin von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy versucht, sie links zu überholen, indem sie die Dieselmotoren schon ab diesem Jahr verbieten will. Hidalgos Vorschlag, die Stadtpolizei mit Schlagstöcken "zur Verteidigung" auszurüsten, kontert Dati mit dem Versprechen, sie würde die städtischen Polizisten mit Pistolen bewaffnen. Konträr sind die Vorschläge gegen die chronische Pariser Wohnungsnot und die exzessiven Immobilienpreise. Dati will drei Prozent des städtischen Wohneigentums an "Vertreter der Mittelklasse" verkaufen. Hidalgo möchte dagegen 30.000 Wohnungen aufkaufen, um sie zu 20 Prozent unter dem gängigen Quadratmeterpreis an Mittelschichtfamilien zu vermieten.

Bobo-Viertel ausgebaut

Dati verdächtigt Hidalgo, mit diesen "Sozialwohnungen", wie sie sagt, einen wahlpolitischen Klientelismus zu unterhalten. Seit 2001 mit Bertrand Delanoë in Paris an der Macht, hätten die Sozialisten ihr Wählerpotenzial in den Bobo-Vierteln mit Staatsmitteln systematisch ausgebaut.

Hidalgo wirft Dati hingegen vor, sie fördere mit dem Verkauf öffentlichen Wohnraums nur noch die Immobilienspekulation und die "Gentrifizierung" durch wohlhabende Zuzügler.

Zwischen den Fronten wird es Emmanuel Macrons Kandidatin Buzyn (57) schwerhaben. Die bisherige Gesundheitsministerin managte zwar geschickt Heikles wie Coronavirus und Spitalstreiks. Unter Hochdruck stehend, brach Buzyn am Montag aber in Tränen aus, als sie ihren Ministeriumsposten abgab. Weniger als einen Monat vor dem ersten Urnengang hat die Newcomerin noch kein Programm. Immerhin stoppte Buzyn bereits das belächelte Vorhaben ihres Vorgängers, den Gare de l’Est in die Vororte zu verlegen und stattdessen einen "Central Park von Paris" zu schaffen. (Stefan Brändle aus Paris, 19.2.2020)