Christoph Grabenwarter ist seit 2005 für den Verfassungsgerichtshof tätig.

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Wien – Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat Mittwochmittag Christoph Grabenwarter als neuen Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs angelobt. Bei der Zeremonie in der Hofburg würdigte er die Bedeutung des Höchstgerichts und drückte seine Überzeugung aus, dass der neue Präsident beste Voraussetzungen für das Amt vorweise.

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Augen- und Ohrenzeugen der Zeremonie waren nicht nur die fast vollständig erschienenen Verfassungsrichter sowie die früheren Vorsitzenden Ludwig Adamovich und Brigitte Bierlein, sondern auch die Regierungsspitze mit Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sowie der für Verfassung zuständigen Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP).

Galt als ÖVP-Kandidat

Grabenwarter war der logische Nachfolger von Brigitte Bierlein. Er hat mehr als genug Routine am Gericht, bringt die nötige Kompetenz mit und war schon bei der Kür seiner Vorgängerin zur ersten Präsidentin des VfGH als Vize zum Nachfolger aufgebaut worden.

Sehr lange war der in Bruck/Mur geborene Steirer der jüngste Verfassungsrichter und wäre es immer noch, hätte die vorige Koalition ein älteres Semester als Michael Rami ins Höchstgericht entsandt. Für einen Verfassungsrichter sehr jung war Grabenwarter, als er mit 38 vom damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) in seiner neuen Rolle verkündet wurde. Seither ist er bei jeder Präsidentenernennung im Favoritenkreis gewesen.

Das kommt nicht nur daher, dass er eher der schwarzen, heute türkisen Reichshälfte zugerechnet wird, alleine dadurch, dass er für die ÖVP in den Nullerjahren im Verfassungskonvent tätig wurde. Grabenwarter hat auch eine Bilderbuchkarriere hingelegt. Schon mit 22 hatte er sein Jusstudium absolviert, kurz darauf folgte ein Abschluss des Doktors in den Handelswissenschaften.

Menschenrechts-Schwerpunkt

Dem folgten zahlreiche Funktionen im In- und Ausland. Eine Auswahl daraus: juristischer Mitarbeiter der Europäischen Kommission für Menschenrechte in Straßburg, Lehrtätigkeiten in Linz, Bonn und Graz sowie schließlich an der Wiener Wirtschaftsuniversität, wo er es als Professor für Öffentliches Recht, Wirtschaftsrecht und Völkerrecht bis zum stellvertretenden Institutsvorstand brachte. Nebenbei ist er auch Präsident des Österreichischen Juristentags.

Wichtiges Thema in Grabenwarters Karriere waren stets die Menschenrechte. Ein Standardwerk über die Menschenrechtskonvention ist bereits in der sechsten Ausgabe verfügbar. Als Mitglied der Venedig-Kommission des Europarats hat der neue VfGH-Präsident zahlreiche Gutachten über die umstrittenen Justizreformen in Ungarn und Polen verfasst.

Übernahm VfGH-Präsidentschaft unter Kanzlerin Bierlein

In seine neue Rolle hat sich Grabenwarter schon eine Zeit eingewöhnen können. Mit Bierleins Avancement zur Übergangskanzlerin ging die Leitung des Gerichtshofs vergangenes Jahr an den Vize, also an ihn, über. An der Spruchpraxis geändert hat das nichts, die Entscheide des Höchstgerichts passten den Regierenden mal mehr, Stichwort Kassenreform, mal weniger, siehe Mindestsicherung.

Im VfGH ist Grabenwarter durchaus wohlgelitten, der passionierte Frühaufsteher gilt auch als eher unkapriziös. Privat ist der Vater zweier Töchter mit der Notarin Alice Grabenwarter verheiratet. Hat er Freizeit, zieht es ihn in die Berge, egal ob im Sommer oder Winter. Ausdauer kann Grabenwarter auch im Amt beweisen. Dient er bis zur Altersgrenze von 70, wird der heute 53-Jährige gut 17 Jahre im Amt sein und damit in etwa so lange wie Ludwig Adamovich und fast so lange wie Rekordhalter Walter Antoniolli. (APA, 19.2020)