Als im Jahre 1900 Kaiser-Franz-Joseph-Jubiläumsbrücke gebaut wurde, waren zunächst Löwen als Dekor vorgesehen. Die stattlichen Drachen als Wahrzeichen der Stadt Ljubljana konnten sich aber letztlich durchsetzen.

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Die slowenische Hauptstadt ist eine der kleinsten europäischen Hauptstädte – knapp 290.000 Menschen leben innerhalb der Stadtgrenzen – doch sie bietet mit herausragender Architektur, Museen, Märkte, vielen Spitzenrestaurants, Parks und reich dekorierten Kirchen eine beachtliche Vielfalt, die in weit größeren Städten selten zu finden ist.

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Architekt des Wiederaufbaus nach dem Erdbeben von 1895 ist Jože Plečnik. Er prägte das Aussehen der Stadt – aus Sicht des Fußgängers.

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Die berühmte Dreifachbrücke führt auf drei Bahnen über die Ljubljanica – eine für Fußgänger, eine für Radfahrer und eine für Autofahrer.

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Eine Collage von Jugendstil-, Barock- und Renaissancegebäuden strahlt so hell wie das Wasser des Ljubljanica-Flusses, dessen Ufer von Cafés, Bars und Restaurants gesäumt wird. Gekrönt wird Ljubljanas Eleganz von einer mittelalterlichen Festung, die seit 900 Jahren auf einem Felsvorsprung über dem Zentrum wacht. Dieser Charme nimmt nicht nur Besucher schnell für die slowenische Hauptstadt ein, er überdeckt auch die leichten Vernarbungen einer Geschichte, die von habsburgerischer und später kommunistischer Kontrolle erzählt und von den Zwischenspielen unter französischen, deutschen, italienischen und ungarischen Kräften.

Wenig Jugo-Nostalgie

Weit entfernt vom Ernst historischer Museen oder der Geschichtsbücher gewährt das Carniola Antiqua einen mal skurrilen, mal sentimentalen Einblick in die Vergangenheit Sloweniens. Das Antiquitätengeschäft quillt über von Erinnerungsstücken an das alte Jugoslawien. Büsten und Porträts von Staatschef Tito, sepiafarbene Fotografien, Kinderspielzeug und Silberdolche und auch einige Klassiker des Industriedesigns wie das ferrarirote ETA 85. Das Tastentelefon, das Ende der 1980er-Jahre zum Inventar Millionen jugoslawischer Haushalte gehörte, wird heute im New Yorker Museum of Modern Art ausgestellt.

In Ljubljanas Alltag ist ansonsten wenig Jugo-Nostalgie zu spüren. Slowenien ist zwar erst 1991 von Jugoslawien unabhängig geworden, vor allem Ljubljana aber hat im Eiltempo an die Metropolen Mitteleuropas aufgeschlossen. Sie ist eine der kleinsten europäischen Hauptstädte – knapp 290.000 Menschen leben innerhalb der Stadtgrenzen – doch sie bietet mit herausragender Architektur, Museen, Märkte, vielen Spitzenrestaurants, Parks und reich dekorierten Kirchen eine beachtliche Vielfalt, die in weit größeren Städten selten zu finden ist. Vor allem aber macht sie anderen urbanen Zentren seit einigen Jahren vor, wie Umwelt- und Klimaschutz gehen muss.

Altstadt ohne Autos

Ljubljanas Innenstadt ist seit 2008 für den Autoverkehr gesperrt. Mehrere tausend Bäume wurden gepflanzt, ein Gratis-Fahrradverleih eingerichtet und die Abfallsäcke werden unterirdisch entsorgt. Besonders stolz ist die Stadt auf ihr "zero-waste"-Recyclingprogramm und den höchsten Anteil an reinen Fußgängerstraßen in ganz Europa. Ihr starker Einsatz für eine nachhaltige Entwicklung wurde 2016 mit dem Titel "Grüne Hauptstadt Europas" ausgezeichnet. Und auf der weltgrößten Tourismusmesse in Berlin wird jährlich der ITB Earth Award für die nachhaltigsten Reiseziele vergeben. Der aktuelle Träger des Titels in der Kategorie "nachhaltigste Stadt" heißt ebenfalls Ljubljana.

Ein weiteres Beispiel für das ökologisches Engagement sind die kleinen Elektrotaxis, "Kavalir" genannt, die gehbehinderte und ältere Menschen, aber auch Touristen kostenlos durch die Stadt kutschieren oder sie nach einem Marktbesuch mit prall gefüllten Taschen wieder heimbringen.

Auswirkungen auf den Taillenumfang

Einkaufen auf dem Tržnica, Ljubljanas Zentralmarkt, kann sehr sinnlich sein. Hunderte Produkte lokaler Bauern reizen hier Augen, Nase und Gaumen – von frischem Obst über Pferdepastete und Zwetschkenschnaps bis hin zu außergewöhnlichen Marmeladen, hausgemachten Gebäckspezialitäten und natürlich Sirups direkt vom Bauernhof. Vom Käsestand geht es zur Gemüsefrau, weiter zum Honigmann und zu Marjetkas Sauerkraut, das besser sein soll als jedes andere, weil es aus einer speziellen heimischen Krautsorte hergestellt wird.

Immer freitags wird der Tržnica noch ein wenig schlaraffenländlicher, und von März bis Ende Oktober lockt die Odprta Kuhna, die Offene Küche, zur kulinarischen Kontaktaufnahme mit heimischen und internationalen Speisen. Einige der besten Restaurants der Stadt bieten an den Marktständen Kostproben ihrer Gerichte an. Da trifft dann deftiges Gulasch auf orientalische Falafel oder Ente-Rotkraut-Burger. Gnocchi mit Rucola und Prosciutto erinnern an die Nähe zu Italien, und Gibanica, ein kalorienreiches Gebäck, mit Apfel, Mohn, Käse und Walnüssen gefüllt, bringt einen beim Gedanken an die verheerende Auswirkungen auf den Taillenumfang zum Seufzen. Das hörte man zuletzt auch von überraschender Seite.

Architektur-Rap auf Twitter

Einer, der die schwärmerische Liebe zu dieser Stadt offenbar teilt, ist der US-Rapper Kanye West. Als der Ende 2018 über Jože Plečnik twitterte, wussten auf einen Schlag 29 Millionen Follower weltweit, dass Ljubljana the place to be ist, um Arbeiten des slowenischen Architekturgenies zu sehen. Als Laibach 1895 noch Teil des Österreich-Ungarischen Reiches war, wurde ein Großteil der Stadt durch ein Erdbeben zerstört. Als führender Architekt des Wiederaufbaus entwarf Jože Plečnik neben dem Marktkomplex unter anderem auch die monumentale Kirche des Heiligen Franziskus, die Nationalbibliothek, das nach dem Vorbild antiker griechischer Amphitheater gestaltete Fußballstadion und die berühmte Dreifachbrücke, die auf drei Bahnen über die Ljubljanica führt – eine für Fußgänger, eine für Radfahrer und eine für Autofahrer.

Auch bei der Neugestaltung des Tivoli- Parks in den Jahren 1921 – 1939 hinterließ Plečnik seine Handschrift – weite Rasenflächen im englischen Stil, Waldzonen, Kinderspielplätze und eine breite Prachtpromenade, die Künstlern oft als Freilichtgalerie dient. Im Sommer kann man sich im Tivoli bei den regelmäßig veranstalteten Picknick-Konzerten den Soundtrack seiner Reise nach Ljubljana abholen.

Plečnik war es letztlich auch, der Ljubljana die städtebauliche Rutsche in die Modernität als verkehrsarme Innenstadt legte. In den 1920er-Jahren spazierte er fast täglich von seinem Wohnhaus und Atelier im Viertel Trnvo ins Zentrum. Er erlebte die Stadt also aus der Perspektive eines Fußgängers – und gestaltete sie entsprechend. Auf der Trnovo-Brücke, die er so häufig überquerte, pflanzte er sogar Bäume. (Nicole Quint, 24.2.2020)