Das fünfteilige Opus magnum von Käthe Kratz: "Lebenslinien".

Foto: Filmarchiv

Geschichte kann man sich einverleiben. Durch Filmbilder zum Beispiel. Käthe Kratz gilt als Pionierin des österreichischen Films und schuf als Erste jene Bilder, die zur Stiftung eines weiblichen kulturellen Gedächtnisses beitrugen. "Ich erinnere mich, dass es mir schon als junges Mädchen wehtat, als weibliches Wesen bestimmt zu sein, abseits von allem Großen, Bedeutenden zu stehen, nichts und niemand zu haben, auf die ich mit Ehrfurcht und Stolz hatte zu rückblicken können (…)." So Kratz über ihr bekanntestes, fünfteiliges Werk Lebenslinien (1983–1988), eine Suche nach einer weiblichen Geschichtlichkeit.

Vom Beginn der Jahrhundertwende an bis hin zur 1968er-Bewegung rekonstruiert sie anhand von vier Generationen von Frauen, wie sie durch das übliche Raster der Historiografie fielen. Ihren ersten Film Glückliche Zeiten realisierte sie aber bereits 1976, als erste Frau im ORF und unter Protest des damaligen Programmchefs.

Heute, Donnerstag, wird die Filmarchiv-Retrospektive mit dem ersten Teil des Zyklus eröffnet. Nach Lebenslinien: Augustine – Das Herz in der Hand führt die erste Filmakademie-Studentin mit einer der jüngsten Vertreterinnen des österreichischen Kinos ein Gespräch: Clara Stern beschäftigt sich auch in ihren Arbeiten mit weiblichen und queeren Rollenbildern. Den Grundstein dafür legte sicherlich Kratz. "Das interessiert mich persönlich auch an dieser Retrospektive: Bilder wieder herzuholen aus der Welt damals, um zu vermitteln, woher wir kommen und dass diese Zeit noch gar nicht so lange her ist."

Ihre insgesamt elf Spiel- und Dokumentarfilme sind bis 4. März zu sehen, Kratz sowie die Schauspieler Maria Bill und Lukas Resetarits sind zu Gast. (kst, 19.2.2020)