Archivbild: Anklageverlesung des Nürnberger Kriegsverbrecher-Hauptprozesses im Saal 600 am 20. November 1945.

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Der historische Saal 600 der Nürnberger Prozesse wird in Zukunft nicht mehr für aktuelle Strafprozesse genutzt. Voraussichtlich am Donnerstagnachmittag werde dort zum letzten Mal ein Urteil gesprochen, teilte das Oberlandesgericht Nürnberg-Fürth am Mittwoch mit.

Der Saal 600 ist untrennbar mit den "Nürnberger Prozessen" verbunden: Am 20. November begann hier der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher des nationalsozialistischen Regimes. Bis zum 1. Oktober 1946 mussten sich hier führende Nationalsozialisten vor einem internationalen Gericht verantworten. Es schlossen sich noch zwölf Nachfolgeprozesse an.

Zu den Angeklagten im ersten Prozess zählten Hermann Göring, Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß und weitere führende Köpfe des NS-Regimes wie Alfred Jodl, Wilhelm Keitel, Albert Speer oder Julius Streicher. Von den insgesamt 22 Angeklagten wurden zwölf zum Tode verurteilt, drei zu lebenslanger Haft, vier zu langjährigen Haftstrafen. Drei Angeklagte wurden freigesprochen – darunter der ehemalige Reichskanzler der Weimarer Republik, Franz von Papen.

Weiternutzung für Strafprozesse

Den Nürnberger Prozessen wird maßgeblicher Einfluss auf die Entwicklung des Völkerrechts bis in die Gegenwart beigemessen. Sie gelten als Vorbild für die Errichtung des heutigen Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag.

Die Justiz nutzte den Gerichtssaal nach den Nürnberger Prozessen für reguläre Strafprozesse – wegen der Größe des Saals fanden hier zahlreiche, von großer Öffentlichkeit beachtete Mordprozesse statt. Ab dem 1. März 2020 soll der Saal 600 ausschließlich als Ort der Begegnung und Erinnerung genutzt werden. Bereits seit einigen Jahren gab es dort Ausstellungen zur Geschichte der Nürnberger Prozesse. (APA, red, 20.2.2020)