Innsbruck – Mit Walter Mayer stand am Mittwoch eine der Schlüsselfiguren des jüngsten Dopingsskandals vor Gericht. Dem ehemaligen Trainer wird vorgeworfen, von 2012 bis 2019 mehrere Sportler tatkräftig beim Doping unterstützt zu haben. Der 62-jährige Salzburger soll an Athleten Dopingmittel, darunter Wachstumshormone, Testosteron und Humanalbumin, weitergegeben haben. Zudem soll er auch Blutdoping an Athleten praktiziert und damit zu deren Sportbetrug beigetragen haben.

Der ehemalige ÖSV-Trainer Walter Mayer hat sich am Mittwoch am Landesgericht Innsbruck wegen Dopingvergehen und Beitrags zum Sportbetrug verantworten müssen. Sein Verteidiger kündigte im Eröffnungsplädoyer an, dass Mayer vorerst vom Entschlagungsrecht Gebrauch machen werde.



ORF

Knalleffekt zu Beginn

Neben dem ehemaligen Trainer war am Mittwoch eine 37-jährige ehemalige Leichtathletin angeklagt, mit Mayers Hilfe gedopt zu haben. Sie bekannte sich teilweise schuldig und sorgte damit gleich zum Prozessauftakt für einen Knalleffekt. Denn sie gestand nicht etwa das Doping ein, sondern vielmehr, dass sie Mayer bei ihrer Einvernahme bei der Polizei zu Unrecht beschuldigt und damit verleumdet habe.

Walter Mayer gilt als eine Schlüsselfigur im Skandal.
Foto: APA/EXPA/JOHANN GRODER

Der Staatsanwalt dehnte daraufhin sogleich den Strafantrag auf das Vergehen der Verleumdung aus. Außerdem beantragte er die Ladung der genannten Beamten als Zeugen.

"Ich wurde von den Beamten unter Druck gesetzt", sagte die ehemalige Leichtathletin über ihre Einvernahme bei der Exekutive. Die Polizisten hätten sie dazu gedrängt, "etwas über Mayer zu sagen". "Die Polizisten sagten: ‚Wir wissen, dass du mehr weißt über Mayer‘", schilderte die Angeklagte. Man habe ihr damit gedroht, "heute nicht mehr heimgehen" zu dürfen.

Mayer habe ihr vor Wettkämpfen zwar Infusionen gegeben, dabei habe es sich aber um legale Magnesiumlösungen gehandelt und nicht um das verbotene Humanalbumin, wie sie vor der Polizei noch angegeben hatte, sagte die 37-Jährige. Auch Mayer selbst bestätigte diese Version der Erstangeklagten und bekannte sich demnach nicht schuldig. Zu den übrigen Vorwürfen wollte er zunächst keine Aussagen machen, bis die Zeugen, die ihn belasten – darunter Ex-Langläufer Johannes Dürr – ihre Aussagen gemacht haben.

Bei den folgenden Einvernahmen ehemaliger ÖSV-Kollegen Mayers offenbarte sich ein katastrophales Sittenbild, was den Umgang mit verbotenen Substanzen betrifft. Dürr, der in seinem Dopingprozess erst im Jänner zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt worden war, belastete seinen ehemaligen Trainer schwer. Auch Gerald Heigl, einst ÖSV-Trainer wie Mayer, sagte gegen ihn aus.

Gemeinsame Reise nach Zagreb

Heigl erzählte von einer gemeinsamen Reise mit Mayer nach Zagreb im Jahr 2012. Dort hätten die beiden Wachstumshormone und Epo für Dürr sowie den damaligen ÖSV-Langläufer Harald Wurm besorgt. Auch beim ersten Mal Blutdoping von Dürr sei Mayer 2012 dabei gewesen. Zudem sei dabei Geld geflossen. Heigl gab an, von Dürr und Wurm je "2000 bis 3000 Euro" für die Dopingmittel kassiert zu haben, die er von Mayer bekommen habe. Ein anderer, noch aktiver Athlet habe wiederum in Form einer Gegenleistung – und zwar Bodenlegearbeiten – für Dopingmittel "bezahlt".

Diesen Anschuldigungen widersprach wiederum Wurm, der ebenfalls am Mittwoch als Zeuge einvernommen wurde. Er habe weder von Mayer noch Heigl jemals Epo oder Wachstumshormone erhalten, auch eine Blutabnahme oder -zufuhr durch die damaligen Trainer habe nie stattgefunden. Dass Mayer und Heigl dies aber bereits ausgesagt haben, ließ Wurm unbeeindruckt – er könne sich nicht erinnern. Überhaupt sehe er nicht ein, wurde Wurm emotional, warum er sich fünf Jahre nach Karriereende wieder zu diesen Vorwürfen vor Gericht äußern müsse: "Ich will davon nichts mehr wissen, habe einen Schlussstrich gezogen."

Der Prozess wurde vertagt, mit einem Urteil ist frühestens am nächsten Verhandlungstag zu rechnen. Der Termin steht noch nicht fest. Es werden noch weitere Zeugen befragt. Und auch Mayer will dann aussagen. (Steffen Arora, 19.2.2020)