Die einstigen FPÖ-Politiker Johann Gudenus (links) und Heinz-Christian Strache (rechts) keilten Spenden für ein dubioses Vereinsnetzwerk.

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Deutlich mehr als eine halbe Million Euro lag nach Erscheinen des Ibiza-Videos auf den Konten einiger FPÖ-naher Vereine, die kaum bis gar nicht öffentlich in Erscheinung getreten waren. Nachher hieß es schnell, diese Vereine sollten "den Wirtschaftsstandort Österreich fördern" oder "armen Menschen helfen". Ermittler denken aber, dass diese "armen Menschen" vermutlich Spitzenpolitiker der FPÖ wie Heinz-Christian Strache sind. Die prall gefüllten Kassen dieser Vereine werfen viele Fragen auf, wie immer gilt für alle Genannten die Unschuldsvermutung.

Eine dieser Fragen ist etwa, ob die Öffentlichkeit und die Strafbehörden je von der Existenz dieser Vereine erfahren hätten, wäre es nicht zum Ibiza-Video gekommen, in dem Strache von Spenden "vorbei am Rechnungshof" erzählte. Man kann, darf, soll durchaus diskutieren, ob die Methoden der sogenannten Hintermänner in Ordnung waren. Aber dass das Video einen positiven Effekt für die Republik hatte, steht mittlerweile außer Frage.

Eine weitere Frage ist, welchen Sinn das Vereinsnetzwerk tatsächlich hatte. Laut Ermittlungsakten weist vieles darauf hin, dass die Konstruktion entstanden ist, um "Geld für H.-C. Strache oder die FPÖ zu lukrieren". Allerdings ergab ein Bericht von Wirtschaftsprüfern, dass der Großteil der gesammelten Spenden bislang nie ausgegeben wurde – und kein Geld an die FPÖ floss. Waren die Vereinskassen eine Reserve für den Tag X, so wie die gebunkerten Goldbarren in Osttirol? Oder hat das Ibiza-Video dem Vereinsnetzwerk einen Strich durch die Rechnung gemacht?

Fehlende Aufklärung

Unklar ist außerdem, was sich die Großspender im Gegenzug erwartet haben. Ging es ihnen nur um "politische Unterstützung" für H.-C. und Co? Oder dachten sie tatsächlich, die Vereine erfüllten ihren mutmaßlich vorgeschobenen Zweck, wie das Vertreten "österreichischer Werte"? Der U-Ausschuss könnte klären, ob es in FPÖ-geführten Ministerien zu Gefälligkeiten für Großspender gekommen ist – aber nur dann, wenn die Blockade einzelner Untersuchungsthemen von ÖVP und Grünen vom Verfassungsgerichtshof gekippt wird.

An mangelnder politischer Aufklärung schuld wären also auch die türkis-grünen Partner. Dazu kommt, dass große Lücken bei Transparenz und Kontrolle von Parteienfinanzierung nach wie vor bestehen. Erst durch einen Leak tauchten vergangenen Sommer Großspender an die ÖVP auf. Geld für die Türkisen kam übrigens auch von der Industrieliegenschaftenverwaltungs AG, die ans FPÖ-Vereinsnetzwerk gespendet hat. Gegen ein wirklich scharfes Gesetz sperrte sich vor der Wahl auch die SPÖ, die einen "Weisenrat" wollte. Nur mehr den Neos kann man glauben, wirklich für Aufklärung und scharfe Kontrolle zu sein – die waren aber auch noch nie in einer Bundesregierung, wo man offenbar schnell seine Prinzipien aufweichen muss.

Auch andere Parteien abseits der FPÖ dürften ähnliche Konstruktionen betrieben haben. Die Freiheitlichen haben sich aber, wie immer, tollpatschiger als der Rest angestellt. Die Legende, dass man selbst in den Spitzengremien kaum etwas über Straches Finanzakrobatik wusste, lässt sich nur mehr schwer halten. Und wenn dem doch so war, stellt sich die Frage, ob man vielleicht gar nichts wissen wollte.

Mit einem umfassenden Transparenzpaket, wie etwa im türkis-grünen Regierungsprogramm vorgesehen, könnte die österreichische Politik jedenfalls beweisen, dass "wir nicht so sind", wie Bundespräsident Alexander Van der Bellen nach dem Ibiza-Video meinte. Was hindert Bundesregierung und Parlament, das jetzt sofort anzugehen? Es wäre an der Zeit. (Fabian Schmid, 20.2.2020)