Über einen Rauchstopp freut sich der eigene Körper am meisten.

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Manche Menschen rauchen, weil sie es wollen. Andere, weil sie den Absprung nicht schaffen. Rauchen ist eine unterschätzte Suchterkrankung mit körperlicher und psychischer Abhängigkeit. "Es ist ein probates Mittel, um Spannungszustände abzubauen oder Langeweile zu überwinden. Es ist verknüpft mit vielen angenehmen Gewohnheiten", so der Psychiater Anil Batra, Leiter der Sektion Suchtforschung am Universitätsklinikum Tübingen und Vorsitzender des Wissenschaftlichen Aktionskreises Tabakentwöhnung (WAT).

Rund jeder vierte Erwachsene raucht in Österreich. Nur in Ungarn und Griechenland ist die Zahl noch höher. Rund ein Drittel der Raucherinnen und Raucher in Österreich versucht mit dem Rauchen aufzuhören. Von denen, die den Entzug allein ohne wirksame Tabakentwöhnungsmethode versuchen, scheitern in Deutschland laut Batra etwa 95 Prozent. Das wird in Österreich nicht anders sein, denn Rauchen macht überall gleichermaßen abhängig. "Tabak ist überall verfügbar und vergleichsweise billig. Zugleich sind die Entzugssymptome wie Schlafstörungen, Reizbarkeit und Konzentrationsprobleme im Alltag sehr unangenehm", sagt der Psychiater. "Da denkt dann so mancher, 'eine wird schon nicht so schlimm sein' – und sitzt erneut in der Falle."

Wie sollten Betroffene den Rauchstopp angehen?

Wer entschlossen ist, von einem Tag auf den anderen aufzuhören, soll es einfach mal probieren. Dabei kann beispielsweise ein mehrwöchiges Raucherentwöhnungsprogramm (sechs Kurssitzungen je 90 Minuten) helfen. Wissenschaftlich bewährte Tabakentwöhnungsmethoden wie zum Beispiel Verhaltenstherapie und Nikotinkaugummis verbessern die Rauchstopp-Chancen. Das hat auch die aktuelle Studie der Deutschen Befragung zum Rauchverhalten (Debra) bestätigt. Welche Methode geeignet ist, hängt davon ab, ob die psychische oder die körperliche Abhängigkeit überwiegt.

Wie wichtig ist die Verhaltenstherapie?

"Verhaltenstherapie ist sehr wichtig, insbesondere bei starker psychischer Abhängigkeit. Ihr Ziel ist, dass die Leute das Rauchen verlernen", sagt Batra. Eine Verhaltenstherapie umfasst zumeist eine Selbstbeobachtungsphase, um Automatismen aufzubrechen und die Bereitschaft zum Umdenken zu erhöhen. In Rollenspielen werden kritische Rückfallsituationen ebenso wie Lösungswege nachgespielt. Die Erfolgsrate bei mehrwöchiger Verhaltenstherapie beträgt etwa 30 Prozent in der Gruppen- und Einzeltherapie. Umfasst die Verhaltenstherapie eine intensive Nachbetreuung, kann sich die Erfolgsrate weiter verbessern.

Ein weiteres Verfahren ist die Hypnotherapie. Sie beinhaltet zum Beispiel Trancezustände, in denen das Unterbewusstsein Anweisungen des Therapeuten entgegennimmt. Sie sollen den Wunsch, Nichtraucher zu sein, verstärken. Nichtrauchersituationen werden bewusst mit positiven Gefühlen verknüpft, und eine neue positive imaginäre Nichtraucheridentität für den Einzelnen wird geschaffen. Die Hypnotherapie ist, was die langfristige Abstinenz anbelangt, nicht ganz so wirksam wie die Verhaltenstherapie. "Wahrscheinlich würde die Hypnotherapie bessere Ergebnisse als jetzt liefern, wenn noch mehr Techniken für einen Rückfallschutz eingebaut wären", so Batra. Eindeutig wissenschaftlich belegt ist der Nutzen der Hypnotherapie allerdings nicht, die Studienergebnisse sind widersprüchlich.

Welche nikotinhaltigen Produkte zur Tabakentwöhnung gibt es?

Rezeptfrei in der Apotheke erhältlich sind Nikotin-haltige Pflaster, Lutschtabletten und Kaugummis sowie Nikotininhaler und -mundsprays. Das Nikotin wird nur langsam und gleichmäßig abgegeben und die Nikotindosis schrittweise verringert. Nikotinersatzprodukte unterdrücken Entzugssymptome und verringern das Rauchverlangen. Nach sechs bis zwölf Monaten liegt die Erfolgsquote bei 15 bis 17 Prozent. Nebenwirkungen treten kaum auf.

Welche nikotinfreien Medikamente gibt es, und welche Erfolgsquoten haben sie?

Es gibt zwei rezeptpflichtige nikotinfreie Medikamente: einerseits Zyban, das den Wirkstoff Bupropion enthält. Es eignet sich vor allem für starke Raucher und wird in niedriger Dosis etwa drei Monate lang angewandt. "Dieses Antidepressivum hemmt die Wiederaufnahme des Botenstoffs Dopamin und reduziert so das Rauchverlangen. Es ist ähnlich wirksam wie die Nikotinersatztherapie", erklärt Batra. "Wird es mit einer Verhaltenstherapie kombiniert, dann erhöhen sich die Erfolgschancen auf das 1,7-Fache. Allerdings sind starke Nebenwirkungen wie zum Beispiel Schlafstörungen, Krampfanfälle, Blutdrucksteigerungen und Schwindel möglich."

Die zweite ebenfalls verschreibungspflichtige Nichtraucherpille heißt Champix. "Der enthaltene Wirkstoff Vareniclin besetzt die Nikotin-Rezeptoren, wodurch der Kick des Rauchens entfällt", erzählt Batra. Körperliche Entzugserscheinungen und das Rauchverlangen vermindern sich. Studien ergaben nach 40 Wochen für Champix eine Erfolgsquote von 20 bis 23 Prozent. Allerdings sind auch hier nicht unerhebliche Nebenwirkungen wie Übelkeit, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen und Schwindel möglich.

Ist es sinnvoll, Medikamente und Verhaltenstherapie zu kombinieren?

Die fachärztlichen Leitlinien empfehlen diese Option, wobei die Kombination von Nikotinersatzprodukten und Verhaltenstherapie die erste Wahl ist. Bei dieser Kombination treten deutlich weniger Nebenwirkungen auf als bei den nikotinfreien Medikamenten.

Begünstigt die psychische Abhängigkeit einen Rückfall?

Rauchen ist nicht nur eine Sucht, sondern auch eine liebgewonnene "Beschäftigung". "Die damit verbundenen Gedächtnisinhalte verblassen nach einem Rauchstopp nur allmählich und haben deshalb eine große Bedeutung im Hinblick auf einen etwaigen Rückfall", so Batra. Die Versuchung, "nur eine Zigarette zu rauchen", ist groß. "Bei der Raucherentwöhnung treten die meisten Rückfälle in den ersten 100 Tagen auf. Wer das erste Vierteljahr übersteht, hat gute Aussichten, auch noch nach einem Jahr rauchfrei zu sein. Danach kehren bis zum fünften Jahr jährlich nur noch zwei Prozent zur Zigarette zurück", ermutigt der Tübinger Suchtforscher. (Gerlinde Felix, 26.2.2020)