Das Dach kann auch als Grünraum genutzt werden.

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Wer aus der Vogelperspektive auf Städte schaut, wird manches entdecken, was den Passanten unten auf der Straße verborgen bleibt. Auf vielen Dächern haben sich Schwimmbäder, üppige Gärten und sogar Fußballplätze breitgemacht. Fotovoltaik- und Windenergieanlagen sowie auch die Haustechnik werden außerdem schon lange aufs Dach gepackt. Der zusätzliche Platz ist einer der ganz großen Vorteile flacher Dächer gegenüber Steildächern.

Der Sachverständige Wolfgang Hubner vom unabhängigen Institut für Flachdachbau und Bauwerksabdichtung (IFB) ist davon überzeugt, dass Dächer in Zukunft noch viel mehr bieten werden: "Wir werden Flachdächer auch zur Wasserspeicherung verwenden." Denn angesichts der Bodenversiegelung wird Starkregen zum wachsenden Problem in Städten. Der Regen kann nicht im Boden versickern, daher kommt es schnell zu Überschwemmungen.

Etwas utopischer klingt eine weitere künftige Funktion der Dächer: Sie könnten künftig im großen Stil als Landeplätze genutzt werden – für Drohnen, die Pakete zustellen werden, aber auch für Drohnen-Taxis zur Personenbeförderung.

Entscheidender Vorteil

Die ursprünglichste Funktion eines Daches – nämlich die Schutzfunktion – dürfe darunter aber nicht leiden, betont Hubner, der das Risiko für Folgeschäden bei Flachdächern größer als bei Steildächern einschätzt und daher betont, wie wichtig gut ausgebildete Planer und Handwerker beim Flachdachbau sind. Einen entscheidenden Vorteil habe das Flachdach gegenüber dem Steildach aber jedenfalls: "Bei einem Sturm ist wohl noch nie ein bekiestes Flachdach davongeflogen."

Eine häufige Ursache für Fehler am Dach sei zudem schlichtweg, dass auf Baustellen die Kommunikation fehlt. "Jeder arbeitet in seinem eigenen Bereich und schaut nicht auf den anderen", sagt Hubner. "Dann ist die Schnittstelle oft das Problem." Und wenn das Dach nicht dicht ist, ist die Fehlersuche später schwierig – und vor allem teuer. Oftmals würden die Probleme – etwa Feuchtigkeitseintritt in den Dachgeschoßwohnungen – auch von der Hausverwaltung heruntergespielt. Auf das Problem werde dann nur kosmetisch – beispielsweise mit Übermalen der Wasserflecken – reagiert.

Abhilfe könnte beispielsweise ein Feuchtemonitoring für Dächer bieten, das laut Hubner sowohl bei Einfamilienhäusern mit "technikaffinen" Eigentümern als auch bei Krankenhäusern und Großbäckereien bereits im Einsatz ist. Sensoren liefern von neuralgischen Punkten des Daches Daten zu Temperatur und Feuchtigkeit. So lässt sich mit etwas Erfahrung der Fehler punktgenau finden – und zwar schon bevor Schäden auftreten: "Bisher musste man den Handwerkern vertrauen, dass das Dach dicht ist. Mit dem Monitoring weiß man es von Anfang an", so der Experte.

Stimme für Gebäudehülle

Die gesammelten Daten können an eine App geliefert werden, die dem Hausbesitzer oder -verwalter meldet, wenn Feuer – beziehungsweise Wasser – am Dach ist. "Es ist an der Zeit, dass man der Gebäudehülle eine Stimme gibt", sagt Hubner. Was allerdings nicht das Ziel des Monitorings sein dürfe, ist, den Hausbesitzer über jede noch so kleine Änderung der Temperatur oder der Feuchtigkeit am Dach zu alarmieren. Oftmals bestehe deshalb nämlich gar kein Grund zur Sorge. "Die Bauherren sollen nicht verunsichert und schon gar nicht aufs Dach gelockt werden", sagt Hubner.

Je nach Ausstattung kostet das Monitoring bis zu 20 Euro pro Quadratmeter Dachfläche. Im April startet zu Feuchtigkeitsmonitoring ein erster Lehrgang an der TU Graz. Denn die vielen Daten, die auf den Dächern nun gesammelt werden, müssen auch fachgerecht ausgewertet werden können. Mehrere Unternehmen bieten das Feuchtemonitoring am Dach schon an. Hubner empfiehlt, sich an etablierte Anbieter zu wenden. "Das ist kein System, das man sich im Baumarkt kauft." (zof, 21.2.2020)