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In Österreich ist die leibliche Mutter auch die rechtliche Mutter eines Kindes. Wo das nicht so ist, gedeiht das Geschäft mit der Leihmutterschaft.

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Wenn der eigene Körper nicht will, kann Geld doch so manchen Kinderwunsch erfüllen. Der globale Markt für Leihmutterschaft dürfte sich im laufenden Jahr auf 21 Milliarden US-Dollar belaufen, schätzt Alys Eve Weinbaum in ihrem Aufsatz im Büchlein "Racist Logic", das 2019 bei MIT Press erschienen ist. Rund acht Millionen Babys haben Leihmütter demnach bis heute geboren. Die Expertin schätzt aber, dass es in den kommenden Jahren sehr viele mehr werden. Der Anteil der USA am weltweiten Markt für Leihmutterschaft macht rund 30 Prozent aus.

Parallelen zur Sklavenwirtschaft

Weinbaum, die an der Universität Washington lehrt, nimmt dies zum Anlass, um über so manchen Aspekt der Leihmutterindustrie nachzudenken. Biokapitalismus nennt die Autorin die Flüsse von fertilisierten Eizellen und Geld in ärmere Teile der Welt und die Rückflüsse von Kindern – und später produktiven Arbeitskräften – in die reiche Welt. Und sie fragt: Wie kam es dazu, dass wir Leihmutterschaft und die daraus geborenen Kinder als handelbare Waren akzeptieren?

Dass der Essay in einem Sammelband abgedruckt ist, der sich aus unterschiedlichen Blickwinkeln dem Thema "Race Capitalism" widmet, lässt die Denkrichtung vermuten. Jedoch geht die Antwort Weinbaums ins Philosophische, und ein allzu kurz geratener Abriss täte ihr großes Unrecht. Zusammenfassend: Es geht bei Weinbaum um strukturellen Rassismus und Parallelen zur atlantischen Sklavenwirtschaft im 18. und 19. Jahrhundert. Der atlantische Sklavenhandel sei der jüngste Fall in der modernen Geschichte, in dem menschliche Reproduktion wie Ware gehandelt wurde. Damals wie heute seien es die sozial und ökonomisch Schwachen, die ihren Körper für Reproduktion hergeben. Die moralischen Fragen in Zusammenhang mit Leihmutterschaft sind entsprechend groß.

Nicht billig

Ob und inwiefern Leihmutterschaft überall im Westen tatsächlich akzeptiert ist, wie die Autorin mit besonderem Augenmerk auf die USA schreibt, ist jedoch offen. Zumindest mit Blick auf Österreich. Das eigene Kind für andere Eltern auszutragen ist in den heimischen Kliniken nämlich verboten. Im österreichischen Zivilrecht ist die leibliche Mutter immer auch die rechtliche Mutter eines Kindes.

Allerdings nehmen auch hierzulande kinderlose Menschen Leihmutterschaft im Ausland in Anspruch – zum Beispiel von Frauen in der Ukraine. Aber wer sind die rechtlichen Eltern eines Wunschkindes, dessen Zeugung und Geburt in der Ukraine beispielsweise zwischen 40.000 und 50.000 Euro kostet?

Ende 2019 hat ein Tiroler Bezirksgericht im Sinne eines österreichischen Paars entschieden, dem eine ukrainische Leihmutter den Kinderwunsch erfüllt hatte. Erstinstanzlich wurde die Elternschaft der Wunscheltern anerkannt, nicht die der leiblichen Mutter. Eine ausländische Entscheidung – in diesem Fall die, die Wunscheltern als Eltern des Kindes anzuerkennen – sei nur abzulehnen, wenn sie dem Kindeswohl oder Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung widerspreche, heißt es in der Urteilsbegründung. Zwar sei Leihmutterschaft hierzulande verboten, allerdings handle es sich hierbei nicht um eine Grundwertung im österreichischen Recht.

Schwierige Fälle

Andere Gerichte sind an die Entscheidung freilich nicht gebunden, der Fall hat jedoch Signalwirkung. Und solange die Frage offen ist, ist auch die philosophische Auseinandersetzung mit dem Thema umso wichtiger. Elternschaft anerkennen ist eines. Aber was ist mit dem Baby-Gammy-Fall, bei dem ein australisches Paar das Wunschkind nicht mehr wollte, als es mit Downsyndrom zur Welt kam? Ein anderer Fall, den Weinbaum beschreibt: Eine indische Leihmutter hat Zwillinge bekommen, die Wunscheltern wollten von den beiden nur das Mädchen. Sie hatten schon einen Sohn. Man muss auch an die Kinder denken. (Aloysius Widmann, 23.2.2020)