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Seltene vokale Leichtigkeit: Anna Netrebko, hier mit Tenor und Gatten Yusif Eyvazov.

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Wahrscheinlich nicht erst seit dem Blockbusterprojekt der drei Tenöre Domingo, Pavarotti und Carreras, gewiss aber verstärkt seit dem Vordringen des Trios in neue Stadionkonzertsphären, gehört es zum ertragreichen Ton: Wer in Opernhäusern Besonderes geboten hat, darf in Richtung opernfernes Publikum expandieren.

Jonas Kaufmann, Elina Garanca und Juan Diego Flórez geben als aktuelle Generation in dieser Disziplin die Richtung vor – natürlich auch Anna Netrebko: Im Konzerthaus durchwandert sie mit ihrem Ehemann Yusif Eyvazov das romantische italienische Repertoire und geht dabei den Weg der kleinen und der großen Arienform:

Herzhaft dargeboten

Bei Verdi gestaltet das Duo etwa ganz innig aus Aida, also La fatal pietra sovra me si chiuse, das Duett von Radamès und der äthiopischen Königstochter. Es ist dabei – und auch generell – eine Begegnung zwischen einem guten Tenor und einer Jahrhundertstimme, die nach La traviata (herzhaft dargeboten: Libiamo, ne’ lieti calici) anhand von Puccinis Opern vertieft wird.

Dass die großen Emotionen kultiviert aufleuchten, ist auch ein Verdienst des Orchesters der Ungarischen Staatsoper unter Michelangelo Mazza. Man war zwar froh (wenn es kollektiv expressiv wurde), nicht in der ersten Reihe zu sitzen. Das war doch etwas dezibelfreudig. Das Ensemble zeigte jedoch nicht nur beim Intermezzo aus Manon Lescaut, dass es geschmeidig und mit tragfähigem Klang zu agieren versteht.

Eine Kategorie für sich

Auf dieser orchestralen Grundlage reüssiert Yusif Eyvazov: Recondita armonia aus Tosca bestätigt ihn etwa als Tenor, der mit seinem Mix aus Hingabe und sicherer Tongebung in der Lage ist, jenes gewisse Etwas der Opernemotion herbeizuzaubern – auch wenn sein Timbre doch eher ins Raue tendiert.

Anna Netrebko ist eine Kategorie für sich: Auf einer Ebene technischer Souveränität angelangt, die es ihr erlaubt, ihre Musikalität nach Belieben einzusetzen, spielt sie regelrecht mit Pianissimokünsten und ansatzlos herausgehauchten Tönen.

Über nahezu alle Lagen hinweg bleibt auch ihr cremiger Klang erhalten. Als Beispiel darf Sì. Mi chiamano Mimì aus La Bohème gelten, es zeigte: Punkto lyrischer Sopran ist eigentlich nichts mehr denkbar. (Ljubisa Tosic, 21.2.2020)