Milch in der Einwegflasche kommt bei Konsumenten gut an. Umweltexperten stellten ihr kein gutes Zeugnis aus.

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Milch in der Flasche, Konsumenten haben sie gern. Zumindest solche, die nicht auf jeden Cent schauen. Glaubt man den Handelsriesen Spar und Rewe, ist die derzeit in Einwegflaschen abgefüllte Biomilch ein Hit. Die unter dem Label "Natur pur" verkaufte Milch sei eine der meistverkauften Biomilchsorten, so Spar. Auch die Konkurrenz berichtet von entsprechenden Vorlieben der Kunden. Die im Frühjahr 2018 eingeführte Glasflasche habe viele Fans, heißt es bei Rewe. Fast ein Viertel der unter der Marke "Ja! Natürlich" verkauften Milch werde im Glas gekauft. Und das, obwohl der Preis zum Teil um bis zu vierzig Cent über dem der Biomilch im Tetra Pak liegt.

Über die Motive für diese Spendierfreude wissen Konsumforscher einiges zu berichten: Manche schwelgen in Kindheitserinnerungen, andere freuen sich über Glas als hochwertige Verpackung und als willkommene Alternative zu Plastik. Glas kann doch nur besser sein als alles andere, das dürften viele Konsumenten sich ebenfalls gedacht haben. Allein sie wurden schnell enttäuscht. Die Ökobilanz von Einwegglasflaschen ist – abhängig auch vom Transportweg – rasch schlechter als jene von Kartonverpackungen, entzauberten Umweltexperten die Idee, Glas sei per se umweltfreundlich.

An die Milch im Karton haben Konsumenten sich über lange Jahre gewöhnt: leichter als Glas, gut zu transportieren.
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Mehrere Marken führten vor rund zwei Jahren die ersten Milch- und Joghurtprodukte in der Einwegglasflasche ein. Der Handel hatte auch Argumente parat, warum man sich gegen ein Mehrwegsystem entschieden hat. Man wolle testen, ob es Interesse der Kunden gibt, hieß es etwa. Abfüller wie die größte heimische Molkerei Berglandmilch argumentierten mit hohem Aufwand. Wiederbefüllbare Flaschen müssten aus einem dickeren Glas bestehen, gelagert, transportiert und dann gereinigt werden. Da gelte es zu prüfen, ob sich das umsetzen lasse. Tatsächlich hat man wohl auch getestet, wie preissensibel die Kunden sind.

Bei Experten wie etwa der Umweltberatung erntete das Revival der Einwegglasflasche, die sich bald auch bei den Diskontern fand, viel Kritik. Auch so manches Argument bei der Einführung war schnell zerpflückt. Eines davon lautete, dass Mehrwegglasflaschen viel mehr Transporte verursachen würden. Stimmt nicht, konterte die Umweltberatung und listete penibel auf: Eine Mehrwegglasflasche wird einmal vom Glaswerk zum Abfüller transportiert. Danach wird sie viele Male im Kreislauf zwischen Abfüller, Handel, Konsumenten und retour transportiert. Eine Einwegglasflasche indes wird jedes Mal neu vom Glaswerk antransportiert. Danach kommt sie vom Abfüller zum Handel, zu den Konsumenten, zur Altglassammelstelle, zur Umladestation und zum Glaswerk, wo sie eingeschmolzen wird.

Milch in der Mehrwegflasche

Ein Transportvorteil beim Einwegsystem ist, dass das Glas auf dem Weg von der Sammelstelle zum Glaswerk in Form von Scherben transportiert werden kann und damit mehr Glas in einen Lkw passt. Dafür macht das Glas im Einwegsystem den "Umweg" übers Glaswerk. Und Glaswerke sind nicht immer ums Eck. Die 2018 eingeführten Einwegglasflaschen für Milch werden von Vetropack produziert, also entweder in Pöchlarn oder in Kremsmünster, und werden von dort zum Abfüller in Wörgl transportiert.

Altglas wird überwiegend auch wieder zu diesen Glaswerken transportiert oder zur Firma Stölzle in Köflach oder zu einem Werk im Ausland. Alles in allem wiederholt Sabine Seidl von der Umweltberatung heute: Milch in Mehrwegflaschen habe deutlich die Nase vorn – sowie Mehrweg überhaupt bei allen Getränken, ergänzt Greenpeace.

Wer seine Milch beim Bauern im Hofladen holt, tut dies wahrscheinlich in der Mehrwegflasche. Im Handel gab es bislang Einwegglasflaschen. Bei den Diskontern wird das wohl noch länger bleiben, denn ein Pfandsystem einzurichten kostet.
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Vor allem für Österreich gelte das, so Global-2000-Expertin Lena Steger, gäbe es doch hier keine allzu langen Transportwege. "Argentinischen Wein in der Mehrweg-Weinflasche würde ich beispielsweise nicht empfehlen, wenn diese jedes Mal leer wieder nach Argentinien zurück transportiert werden müsste, würde der Ressourcenschutz durch die Klimaemissionen zunichte gemacht werden. Derzeit werden knapp 80 Prozent der Getränke im Handel in Einwegflaschen verkauft.

Deswegen zeigt man sich hocherfreut, dass nun die Milch in der Mehrwegflasche zurück ist. Billa und Rewe stellen Anfang März die Biomilch von Einweg- auf Mehrwegglas um, abgefüllt bei Berglandmilch. Dort wird aber auch Schärdinger Berghofmilch und Tirol Milch in Mehrwegglas gefüllt. Ein Klacks war das laut Elisabeth Haimberger von Berglandmilch nicht. Acht Millionen Euro wurden in eine Glasanlage, eine Waschanlage und eine Lagerhalle in Aschbach-Markt in Niederösterreich investiert.

Rund zwölfmal soll eine Flasche wiederbefüllt werden. Im Supermarkt fällt ein Pfand von 22 Cent an. Das Besondere: Die "Ja! Natürlich"-Flasche nimmt auch Spar zurück, der Automat bei Billa schluckt auch die "Naturpur"-Flasche von Spar. Die Empfehlung für Konsumenten lautet sowohl bei der Umweltberatung als auch bei Greenpeace und Global 2000: Mehrwegflaschen sind die umweltfreundlichste Verpackungsform. "Mit Mehrwegverpackungen schrumpfen wir die Müllberge, verhindern Abfall in der Natur und beenden die Wegwerfmentalität", findet die Greenpeace-Expertin Lisa Panhuber kein einziges Haar in der Milch. (Regina Bruckner, 20.2.2020)