Wien – Am 17. März sollen Vertreter von Sozial- und Landwirtschaftsministerium sowie betroffener Behörden und Tierschützer zu einem Gipfeltreffen gegen Tierleid zusammenkommen. Das kündigte der auch für Tierschutz zuständige Gesundheits- und Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) am Donnerstag an. Am Mittwoch hatten Berichte über qualvolle Milchkälber-Exporte von Österreich über Spanien in den Libanon für Kritik gesorgt.
"Jeder Mensch, der weiß, dass Tiere keine Dinge, sondern Lebewesen sind, mit Gefühlen und Empfindungen, wird von den Bildern und Zuständen zutiefst erschüttert sein. So geht es auch mir", sagte Anschober. Hintergrund sind Berichte vom Verein gegen Tierfabriken (VGT), dem es gemeinsam mit internationalen Tierschutzorganisationen erstmals gelungen ist, den Weg von drei österreichischen Kälbern anhand ihrer Ohrmarken von ihrer Geburt auf kleinen Bauernhöfen in Tirol, Oberösterreich und Vorarlberg an bis zur Schlachtung im Libanon zurückzuverfolgen.
Wertlose Kälber
Da männliche Kälber nicht für die Milchproduktion herangezogen werden können, sind sie für heimische Bauern quasi wertlos. Letzte Option ist dann der Verkauf. Der Weg der drei vom VGT zurückverfolgten Kälber begann bei einer Sammelstelle in Salzburg. Von dort wurden sie nach Spanien transportiert, wo sie sechs bis acht Monate lang gemästet wurden, um dann gewinnbringend in den Libanon verkauft zu werden.
Nach zweiwöchigem Transport in Containern werden die Tiere im Libanon ohne Betäubung, nach dort üblicher Tradition geschächtet. Wie Videoaufnahmen zeigen, werden die Tiere bei der Schlachtung äußerst brutal behandelt. Damit sie nicht davonlaufen können, werden ihnen beispielsweise Sehnen durchgeschnitten oder die Augen verletzt.
"Das Ganze ist nicht legal. Schon die Transporte von Österreich nach Spanien sind nicht legal, weil diese Kälber erst zwischen zwei und vier Wochen alt sind", sagt Tobias Giesinger vom VGT, "geschweige denn die Transporte von Spanien in den Nahen Osten". Dass es überhaupt zu den Kälbertransporten kommt, liegt nach Ansicht der Tierschützer in der überbordenden Milchwirtschaft mit hochgezüchteten Milchkuhrassen, deren männliche Kälber de facto ein Abfallprodukt sind.
Köstinger fordert EU-weites Exportverbot
Den von Anschober angekündigten Tierschutzgipfel im März begrüßte der VGT am Freitag ausdrücklich in einer Aussendung. Laut dem Minister sollen dort Verbesserungen in Österreich definiert werden und auch "die notwendigen Änderungen auf EU-Ebene außer Streit gestellt werden".
Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) hatte am Donnerstag ein EU-weites Exportverbot von Schlachtvieh in Drittstaaten gefordert. "Unsere Bauern haben nichts falsch gemacht." Sie hätten sich vielmehr "an unsere strengen Regeln gehalten, Österreich hat deutlich strengere Vorschriften für Schlachttiertransporte als viele EU-Staaten".
Anschober dankte Köstinger "für die angekündigte Unterstützung" einer Initiative für ein EU-weites Exportverbot von Schlachtvieh in Drittstaaten. Die Standards für Tiertransporte müssten weiterentwickelt werden, aber auch das Kontrollsystem. "Tierschutz darf nicht an Österreichs Außengrenzen enden. Daher muss auch das EU-Recht dringend überprüft und reformiert werden", betonte der Minister.
Ein Verbot von Drittlandsexporten bestünde allerdings bereits seit Jahren, betont der VGT. Demnach habe der Europäische Gerichtshof bereits 2015 bestätigt, dass der im Unionsrecht vorgesehene Schutz von Tieren beim Transport nicht an den Außengrenzen der Union endet. Obwohl dies bekannt sei, liefere Österreich sogar direkt Rinder in Länder des Nahen Ostens. Dass man in Österreich nicht wisse, was mit den Kälbern passiert, sei eine Ausrede, sagte Giesinger. Die Transporte seien den politisch Verantwortlichen längst bekannt gewesen. (jop, 21.2.2020)