Daniela Werdecker-Davies (42) ist Head of Sustainability Management bei Palfinger. Der österreichische Hersteller von hydraulischen Hebe- und Ladevorrichtungen hat 11.126 Mitarbeiter und hat 2019 einen Umsatz von rund 1,75 Mrd. Euro erwirtschaftet.

Foto: Palfinger

"Meine Eltern haben einen Elektrobetrieb und eine Vinothek. Es war ein kleines Familienunternehmen, und jeder, der zwei gesunde Hände hatte, musste mit anpacken. Ich habe bereits dadurch gelernt, respektvoll mit Mensch und Natur umzugehen, aber dabei nicht die wirtschaftliche Komponente außer Acht zu lassen. Ich habe früh ein Gefühl dafür bekommen, wie es in einem Betrieb abläuft. Mir gefällt das Wort 'Nachhaltigkeit' übrigens nicht. Das Wort ist nicht greifbar. Man endet dann auch immer schnell bei 'Verantwortung leben', Verantwortung hat man auch bei anderen Themen, und irgendwie fühlt sich der Ausdruck so schwer an. Ich habe keine Ahnung, wie man es sonst nennen könnte, sonst hätte ich es schon gemacht. Grundsätzlich ist es Hausverstand.

Dass ich Nachhaltigkeitsmanagerin bei Palfinger geworden bin, war eigentlich ein Zufall. Mein Berufswunsch war Köchin, deshalb bin ich auch auf die Tourismusschule in Bad Ischl gegangen. Ich habe eine abgeschlossene Koch-Kellner-Ausbildung, wollte mich aber breiter aufstellen, deshalb habe ich mich dazu entschieden, Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Organisationsentwicklung und Marketing in Linz zu studieren. Ich habe auch ein Auslandsjahr in England verbracht. Nach dem Studium war ich dann in einem niederösterreichischen Start-up tätig. 2003 habe ich eine Initiativbewerbung an Palfinger geschickt und mich für Organisationsentwicklung und strategische Projekte beworben. Man hat mir daraufhin eine sechsmonatige befristete Stelle in der IT angeboten, um die Projektleitung bei der SAP-Einführung zu unterstützen. Aus der Befristung wurde eine Festanstellung.

Aktie ethischen Investoren schmackhaft machen

2005 habe ich mich intern für eine Stelle beworben, deren Tätigkeit zu 50 Prozent Corporate Communications und Investor-Relations zugeordnet war und zu 50 Prozent Corporate Development. Ab diesem Zeitpunkt habe ich begonnen den Nachhaltigkeitsbereich bei Palfinger aufzubauen. 2004 hat sich das Unternehmen bereits diesem Thema angenähert, weil man ethischen Investoren die Möglichkeit bieten wollte, Palfinger-Aktien zu kaufen. Aus Sicht von Investor-Relations habe ich schnell erkannt, dass da wesentlich mehr drin ist, als dieses Thema ausschließlich ethischen Investoren zugänglich zu machen.

Zu Beginn haben mich Investor-Relations-Kollegen anderer Unternehmen belächelt. Das ist ja nur ein Trend, haben sie gesagt. Dann kam 2008 die große Weltfinanzkrise, und das Thema rückte in den Vordergrund. In dieser Zeit hat sich auch deutlich gezeigt, dass wir ein Unternehmen sind, das nicht nur an kurzfristiger Gewinnoptimierung interessiert ist. Man erkennt zum Beispiel bei ein Unternehmen, dass es Greenwashing praktiziert, wenn reines Storytelling betrieben wird und keine Berichterstattung in einem Nachhaltigkeitsbericht oder Geschäftsbereich gemacht wird, keine langfristigen Maßnahmen nachvollziehbar sind und nur soziales Engagement hervorgehoben wird.

Aufgabengebiet

Ich habe drei Mitarbeiter, und wir sind für den integrierten Geschäftsbericht verantwortlich, der auch Maßnahmen im Unternehmen in puncto Klimaschutz oder gesellschaftliche Verantwortung prüfbar und sichtbar macht. Wir konsolidieren dafür die Nachhaltigkeitskennzahlen des Unternehmens in den Bereichen Umwelt, Mitarbeiter, Ethik, Produktion und Produkte und stellen auch einen Nachhaltigkeitsprozess in enger Abstimmung mit der Geschäftsführung sicher. Wir leiten Maßnahmen ab und treiben diese entweder federführend voran oder unterstützen Fachabteilungen dabei, sie umzusetzen. Wenn ich den Status quo diverser Maßnahmen erfrage und nichts weitergegangen ist, dann gibt’s schon einmal einen leichteren oder schweren Seufzer. Aber mir ist bewusst, dass keiner eine Maßnahme einfach aus einer Laune heraus aufschiebt, sondern weil ein anderes Thema Priorität hatte. Die Intention des Managements war es immer, dass nicht jeder Standort kleine Nachhaltigkeitssatelliten lokal aufbaut, sondern jeder Mitarbeiter einheitliche Werte lebt. Die Standortleiter sind für die Umsetzung verantwortlich.

Mir gefällt es, Dinge zu hinterfragen, mit anderen Fachabteilungen an vielfältigen Projekten zu arbeiten, diverse langfristige Risikoabschätzungen zu machen und gegebenenfalls gewappnet zu sein. Ich mag es, wenn ich Skeptiker im eigenen Unternehmen überzeugen kann. Das Thema spaltet jedoch Generationen. Es ist interessant, wenn ältere Personen gegen Klimaschutz oder die Greta-Bewegung sind. Sie sind vom Grundgedanken her auch auf Nachhaltigkeit gepolt, aber viele wollen den Wandel nicht mehr mitgehen. Damit muss ich mich auch abfinden. Je mehr Mitstreiter ich im Unternehmen habe, desto einfacher wird es. Aber ich habe gelernt, dass man nicht jeden mitnehmen kann." (Protokoll: Stefanie Leschnik, 24.2.2020)