"Süddeutsche": Befeuerte Ideologien

"Wenn ständig dazu aufgerufen wird, das deutsche Volk müsse sich wehren gegen demokratische Politiker, die es, wahlweise, ausrotten oder verkaufen oder versklaven wollten, und gegen Ausländer, die angeblich die Vorherrschaft in Europa anstreben – dann fühlen sich rechtsradikale Gewalttäter dazu legitimiert, genau das zu tun: sich zu wehren, mit Waffengewalt. Diejenigen, die diese Verschwörungstheorien befeuern, die diese Ideologien verbreiten, sollten wissen, was sie tun: Sie leisten dem Terror Vorschub."

"Zeit": Bequemes Schutzargument

"Diese Haltungen existieren nicht allein im Kopf eines mutmaßlich psychisch Kranken. Zu konstatieren, Tobias R. sei ein Verrückter gewesen, ist ein bequemes Schutzargument, hinter dem sich die Relativierer zu verstecken versuchen."

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Gedenken an die Opfer von Hanau in Berlin.
Foto: Reuters / Christian Mang

"Stuttgarter Zeitung": Nährboden austrocknen

"Der Kampf gegen den Rassismus wird in den Parlamenten mit politischen Mitteln geführt, er muss auch auf der Straße mit polizeilichen Mitteln geführt werden. Aber er beginnt ganz woanders: in Sportvereinen und den Kirchen, in Jugendgruppen und Schulen, in Bürgerinitiativen und Betrieben. Manchmal beginnt er in der Warteschlange im Supermarkt. Rassismus darf nie dazugehören, und Rassisten müssen immer ausgegrenzt werden. Nur so trocknet der Nährboden des Terrors aus. Davon sind wir weit entfernt."

"Frankfurter Rundschau": Ignorierte Gefahr

"Viel zu lange haben viel zu viele die Gefahr von rechts ignoriert oder kleingeredet. Damit muss jetzt endlich Schluss sein."

"NZZ": Wehrhafte Demokratie

"Die wehrhafte Demokratie vermag zu unterscheiden zwischen rechter Demagogie im Stil eines Björn Höcke und Rechtsterrorismus wie in Hanau, Halle oder Kassel. Sie konnte das in den Siebzigerjahren, als eine vernünftige Mehrheit Linksterrorismus nicht mit Linksextremismus gleichsetzte. So wurde die Grundlage gelegt, um die Täter der Rote-Armee-Fraktion gesellschaftlich zu isolieren und den Linksterrorismus zu vernichten. Vielleicht ist das die größte Tugend des Rechtsstaats: dass er Grenzen definiert, wo andere sie zum Zweck der Propaganda verwischen. Heute wird Deutschland ebenfalls klug genug sein, nicht alles aus einer verständlichen Empörung heraus in einen Topf zu werfen – Terroristen und Populisten."

"The Guardian": Schlüsselfrage unserer Zeit

"Eine der Schlüsselfragen unserer Zeit besteht darin, inwieweit das Ausmaß der Wiederauferstehung des Nationalismus den Rechtsextremismus und tödlichen Rassenhass angefacht und legitimiert hat. Die Sache ist kompliziert. In gewisser Weise ähnlich wie Ukip hatte die AfD als eine vor allem euroskeptische Partei begonnen. Doch seit der Migrationskrise von 2015 hat sie sich in eine breitere Bewegung mit starken Elementen verwandelt, die bewusst Islamophobie und Rassismus schüren. (...)

Angela Merkels bevorstehender Abschied von der Bühne bedeutet, dass eine Periode politischer Turbulenzen unvermeidlich ist. Doch während die erfolgreichste Partei der Nachkriegsära in Deutschland über ihre künftige politische Richtung nachdenkt, sollten die Ereignisse von Hanau all jenen stark zu denken geben, die versuchen möchten, die äußerste Rechte zu zähmen, einzubinden oder zu imitieren. Der Sperrgürtel zur Isolierung der AfD und ihresgleichen muss aufrechterhalten werden." (APA, red, 21.2.2020)