In einer Zeit, in der Faktenrecherche für Meinungsschwäche gehalten wird, erstaunt es nicht, dass auch über Klimawandel und Klimaschutz allerlei Unsinn verbreitet wird. In der Hauptsache kommen diese Meldungen von rechten Politikern und ihren Gesinnungsgenossen, die jene, die sich Sorgen machen um die Zukunft des Planeten, als linkschaotische Panikmacher diffamieren.

Auch pseudowissenschaftliche, von der Erdölindustrie unterstützte Thinktanks mischen mit, wenn es darum geht, die Erderwärmung als Märchen hinzustellen. Die sozialen Medien enthalten reichlich Stoff für alle, die sich davon überzeugen wollen. Hohn und Spott für grüne Politiker, die nicht alle Termine in Europa mit Bahn und Rad wahrnehmen können, sind da zwar auch häufig, aber vergleichsweise mild gegen die Aggression, die gegen die Klimaaktivistin Greta Thunberg verbreitet wird.

Durch den Wintersturm Sabine abgeknickter Baum.
Foto: APA/dpa/Andreas Arnold

Die Lust auf sachbezogene Auseinandersetzung scheint auch bei jenen, die den Klimawandel erkennen und ihren Beitrag für eine notwendige Anpassung an die Erderwärmung leisten wollen, seltener geworden zu sein. Es herrscht eine Zeit der Gefühle, die in vielen Ereignissen die Vorboten einer unabwendbaren Katastrophe sehen. Da werden Fotos von den Zerstörungen durch das verheerende Sturmtief Sabine gepostet und dieses Wetterphänomen als Zeichen des Klimawandels bezeichnet. Was wissenschaftlich nicht zu belegen ist: Winterstürme werden eigentlich durch den Temperaturunterschied zwischen der Arktis und unseren mittleren Breiten angetrieben – der zurückgegangen ist, weil sich die Pole stark erwärmt haben. Da werden aktionistisch Flughäfen besetzt, weil man glaubt, damit ein Zeichen setzen zu können, das verärgert aber letztlich nur Passagiere und dient der Sache damit gar nicht. Ganz im Gegenteil.

Erschöpfung der Denkleistung

Auch vor Intellektuellen macht diese Erschöpfung der Denkleistung im Umgang mit Klimawandel und Klimaschutz nicht halt. Der bekannte US-amerikanische Schriftsteller Jonathan Franzen hat einen Essay geschrieben, der soeben als Büchlein in deutscher Übersetzung erschienen ist. Es heißt sehr deprimierend: "Wann hören wir auf, uns etwas vorzumachen?" Programmatischer Untertitel: "Gestehen wir uns ein, dass wir die Klimakatastrophe nicht verhindern können." Der deutsche Klimaforscher Stefan Rahmstorf, wirklich keiner, der den Klimawandel kleinredet, hat darauf eine scharfe Replik im "Spiegel" verfasst. Er bezichtigt Franzen des Klima-Defätismus, denn dieser sagt, man könne den Kampf gegen den Klimawandel eigentlich aufgeben und müsse sich mit der Katastrophe abfinden.

Rahmstorf weist den einen oder anderen wissenschaftlichen Irrtum im Essay nach. Auch wenn man die Sorge Franzens verstehen könne, auch wenn es vielleicht nicht so ausschaue – es könne nicht sein, sich schicksalhaft ergeben zu wollen. Der Kampf gegen den Klimawandel dürfe auch nicht aufgegeben werden, wenn kein Eis mehr in Grönland zu finden sei. Rahmstorf fordert auch Anpassung an den Klimawandel, Maßnahmen, die von der Politik kommen müssen und auch in Österreich längst überfällig sind: billigere Bahn-, teurere Flugtickets, eine Ökologisierung des Steuersystems wären einmal ein Ansatz – sicher nicht der einzige.

Gefühle jeder Art können auch bei der Umsetzung dieser Schritte nur hinderlich sein, die Fakten des Klimawandels sind erschreckend genug. (Peter Illetschko, 22.2.2020)