2008 eröffneten Turnauers (von links: Stanislaus T. und seine Tante Christine de Castelbajac, Aufsichtsrat Guido Schmidt-Chiari †) das Duropack-Werk in Ungarn. Wenig später ging es rund, in Konzern, Bank und Familie.

Foto: Richard Tanzer/Wirtschaftsblatt

Wien – Die Summen klingen doch recht beeindruckend: 475.000 Euro haben zwei Gesellschaften, hinter denen Mitglieder der Industriellenfamilie Turnauer stehen, von November 2015 bis August 2018 an FPÖ-nahe Vereine gespendet. Konkret die Industrieliegenschaftsverwaltungs AG (Ilag) und deren Tochter Ilag Vermögensverwaltungs GmbH, beide ressortieren zum "Max-Familienzweig". Max Turnauer, 89, ist der Sohn des im Jahr 2000 verstorbenen, legendären Industriellen Herbert Turnauer – eines Mannes, der abseits des Lichts der Öffentlichkeit einen der größten österreichischen Industriekonzerne aufgebaut hatte: die Constantia Gruppe.

Die hat der strenge Partriarch, um geschwisterliche Streitigkeiten möglichst zu verhindern, bereits 1995 in zwei Stränge zerlegt. Für seine Tochter Christine de Castelbajac (74; sie hat einen Sohn) war die Constantia Packaging mit Verpackungsfirmen wie Duropack oder Teich AG vorgesehen, für ihren Bruder Max und seine Kinder die Constantia Industries, in denen mit Holz (Fundermax) und Isolierstoffen (Isolvolta, Isosport) Geld verdient wurde.

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Vater-Sohn-Konflikt

Ja, und 1986 gründete Turnauer, der seine Unternehmen anhand der auf einem A-4-Blatt notierten wichtigsten Kennzahlen zu kontrollieren pflegte (als wichtigste erschien ihm der Cashflow) eine Bank. Die Constantia Privatbank, die 2008 fast pleite gehen und um einen Euro an ein österreichisches Bankenkonsortium verklopft werden sollte. Die Bank ressortierte zu Tochter "Christl".

Sie und ihr Bruder Max hatten mit dem Industriekonzern, der nach der Krise 2008 in grobe Turbulenzen geraten ist und sehr viel Geld verschlingen sollte, operativ nie zu tun. Die Tochter fotografierte, der Sohn widmete sich dem Malteser Ritterorden, wurde dessen Botschafter in Prag. Die Vater-Sohn-Beziehung war stets sehr schwierig – was sich allein am Engagement Max Turnauers in Tschechien ablesen lässt.

Nie wieder Tschechien

Sein Vater Herbert war 1907 in Prag in eine deutsche Industriellenfamilie geboren worden, musste 1946 nach Österreich flüchten. Die Tschechoslowakei und das spätere Tschechien betrat Herbert Turnauer nie wieder – weder, um dort ab den 1990ern restituierbaren Besitz zurück zu bekommen, noch, um bei der Hochzeit einer Enkelin in Prag dabei zu sein. Kam nicht in Frage, Kommunisten, aber auch Sozialisten (bis auf wenige, die er persönlich schätzte) lehnte Turnauer ab.

Umso mehr brannte der durch und durch Konservative mit mitunter deutlichem Hang nach rechts für Adelige und Monarchie. Otto Habsburg-Lothringen, der Sohn des letzten österreichischen Kaisers, stieg, wenn er in Wien weilte, gern in Turnauers Villa in Wien-Salmannsdorf ab. Sichtlich stolz erzählte er von seiner Freundschaft zur "kaiserlichen Hoheit".

Hang zu Monarchie und Adel

Auch Kinder von Max Turnauer heirateten in ehemals adelige Familien ein (oder Selbige in die Familie Turnauer), so auch Herbert Turnauers Enkel Stanislaus (49). Er war noch vom Großvater – unter Auslassung von Max – für die operative Führung in der Constantia Industries auserkoren worden. Heute ist der Miteigentümer eines toskanischen Weinguts Aufsichtsratschef der Gruppe.

Ungefähr an dieser Stelle könnte man den Kreis zu den jüngst bekannt gewordenen Spenden der Familie Turnauer in Richtung FPÖ-Vereine schließen. "Was Herbert Turnauers Hang zum Adel betraf und sein sehr konservatives Weltbild, waren er und sein Sohn Max einander sehr ähnlich", erinnert sich ein einstiger Wegbegleiter des mit 92 Jahren verstorbenen Patriarchen.

Patriarch war Fan Jörg Haiders

Der war auch glühender Bewunderer von FPÖ-Chef Jörg Haider, dessen politische Begabung und hohe Intelligenz der alte Herr nicht müde wurde zu loben. Haider besuchte den Fabrikanten in dessen Stadtwohnung ebenso wie in der Salmannsdorfer Villa. Selbige existiert übrigens schon seit 2000 nicht mehr. Max Turnauer hat die Liegenschaft am Rand des Wienerwalds nach dem Tod seines Vaters sofort verkauft, das Haus wurde abgerissen, Reihenhäuser wurden errichtet.

Vor Nationalratswahlen empfahl Turnauer Mitarbeitern gern, die Haider-FPÖ zu wählen; wer laut dagegen sprach, konnte seinen Job schnell los sein. Auch Geld machte Turnauer, der gern im alten Lodenmantel und mit noch älterem Hut auf dem Kopf unterwegs war, für die Blauen angeblich locker. Fünf Millionen Schilling in Cash im Plastiksackerl soll er Haider oder dessen FPÖ 1996 spendiert haben – offiziell bestätigt wurde das aber nie. Im Rechenschaftsbericht der Freiheitlichen für 1996 schien die Spende nicht auf und Haider hat die angebliche Zuwendung stets in Abrede gestellt. Damals mussten Parteispenden ab 100.000 Schilling gemeldet werden. Heute ist das bei Parteispenden ab 7500 Euro gesetzlich vorgeschrieben.

Spenden an FP-nahe Vereine und ÖVP

Die 475.000 Euro der Turnauer-Gesellschaften wurden im Rahmen der Ermittlungen zur Causa Ibiza bekannt; sowohl der Anwalt eines beschuldigten Vereinsobmanns als auch der Anwalt der Ilag haben den Ermittlern entsprechende Unterlagen überreicht. Gespendet wurde an alle vier in Rede stehenden FPÖ-nahen Vereine: "Austria in Motion – Verein zur Reform der politischen Kultur in Österreich", "Patria Austria – Verein zur Förderung des österreichischen Kultur- und Brauchtums", den Verein Wirtschaft für Österreich und das Institut für Sicherheitspolitik, ISP.

Ilag-Chef Hans Herzog erklärte, wie berichtet, dass man "nie der FPÖ", sondern immer "den Vereinen" gespendet habe. Die Ilag-Eigentümer aus der Familie Turnauer äußern sich zu alldem nicht. Die Gesellschaft hat aber auch an die ÖVP gespendet. 2017 waren es 100.000 Euro, im Jahr 2016 war die Ilag-Vermögensverwaltungs GmbH laut Rechenschaftsbericht die einzige Großspenderin: 174.000 Euro machte sie für die Partei und 28.000 Euro für nahestehende Organisationen locker; auch in den Jahren davor gab es Geld. Zur Erinnerung: In den Aufsichtsrat der Spenderinnenmutter Ilag (Vorsitzender: Max T.) haben Turnauers 2014 den früheren Vizekanzler und ÖVP-Chef Michael Spindelegger geholt.

Gold-Geschäfte

Übrigens sind Turnauers auch im Goldgeschäft. Die Constantia Beteiligungen Oesterreich GmbH jedenfalls ist indirekt an der Philoro Edelmetall GmbH beteiligt. Ein Schelm, der da an die Goldbarren der FPÖ in Osttirol denkt. Philoro* weist allerdings jeglichen Zusammenhang zurück: In einer Stellungnahme vom 26. Februar hält ein Sprecher des Unternehmens fest, dass es keinerlei Geschäftsbeziehungen zwischen der FPÖ und der Philoro Edelmetalle GmbH gebe, das Unternehmen sei zum Zeitpunkt des Goldkaufs 2008 noch nicht einmal gegründet gewesen. Zudem habe sich die Constantia Beteiligungen Österreich GmbH erst im Mai 2019 beteiligt. Und das Familienunternehmen agiere "völlig unabhängig von jeglichen politischen Netzwerken". (Renate Graber, 23.2.2020)