Nach dem Polit-Eklat bleiben die Stühle und Tische vom Land Thüringen im Bundesrat in Berlin vorerst leer.

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JU-Chef Tilman Kuban macht sich Sorgen um die CDU.

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Berlin/Erfurt – Die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag stimmt dem am Freitag erzielten Kompromiss zur Lösung der Regierungskrise in dem Freistaat mehrheitlich zu. Sie will Bodo Ramelow von der Linkspartei aber nicht aktiv als Ministerpräsidenten mitwählen.

"Die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag nimmt das gestrige Verhandlungsergebnis mehrheitlich zustimmend zur Kenntnis", twitterte die CDU am Samstag. Mit Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer sei besprochen, dass sich die Fraktion stabilen Verhältnissen nicht verweigere und Angebote von anderen für eine stabile Situation annehmen werde. "Daran fühlen wir uns gebunden."

Nach stundenlangen Verhandlungen hatten sich Linke, SPD, Grüne und CDU am Freitagabend auf Neuwahlen im April 2021 geeinigt. Bis dahin soll Rot-Rot-Grün unter Ramelow eine Minderheitsregierung stellen. Ramelow will sich dafür in knapp zwei Wochen am 4. März im Landtag erneut zur Wahl als Ministerpräsident stellen. Auslöser der Krise war die überraschende Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich mithilfe der AfD und der CDU zum Ministerpräsidenten. Dies löste bundesweit einen Sturm der Empörung aus. Kemmerich trat daraufhin zurück.

Nach Angaben des thüringischen CDU-Landtagsabgeordneten Volker Emde, der an den Verhandlungen teilnahm, will die CDU die Wahl von Ramelow "sicherstellen". Die bisherige Koalition der Linken mit SPD hat keine Mehrheit mehr.

Spahn, Ziemak und Schäuble gegen Wahl Ramelows

Aus der Berliner CDU-Zentrale hieß es am Samstag, das Verhandlungsergebnis in Erfurt sei "ohne Zutun" der Bundes-CDU entstanden und allein von der CDU Thüringen zu verantworten. Zudem gibt es Kritik an der Einigung der Thüringer Parteifreunde mit Linkspartei, SPD und Grünen zur Lösung der Erfurter Regierungskrise.

Der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn schrieb am Samstag auf Twitter, eine Wahl von Bodo Ramelow durch die CDU lehne er ab. Die Union sei in einer "Vertrauenskrise", so der Minister. "Die letzten Wendungen aus Thüringen" kosteten weiteres Vertrauen, ergänzte Spahn. Es gehe jetzt um die "Substanz unserer Partei – nicht nur in Thüringen".

Am Samstag hat sich zudem CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak entschieden gegen eine Wahl Ramelows zum Ministerpräsidenten mit Hilfe der CDU ausgesprochen. Wer von der CDU Ramelow wähle, verstoße gegen die Beschlüsse der CDU, sagte Ziemiak am Samstag in Iserlohn. Es gehe um die Glaubwürdigkeit der CDU Deutschlands insgesamt, Grundüberzeugung sowie Grundwerte und nicht um "politische Spielchen", so Ziemiak.

Junge Union warnt

Auch die Junge Union lehnte eine Wahl Ramelows zum Ministerpräsidenten in Thüringen mit Stimmen der CDU ab. JU-Chef Tilman Kuban sagte zu "Bild am Sonntag" laut Vorabbericht: "Die CDU darf ihre Grundüberzeugungen niemals über Bord werfen. Es darf keine Zusammenarbeit mit Linken und der AfD geben. Die Parteispitze ist gefordert, die Fraktion in Thüringen auf dem Weg zu einer überparteilichen Lösung zu unterstützen und weiteren Schaden von der CDU abzuwenden."

Sozialistische Einheitspartei Deutschlands

Auch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) bekräftigte seine Ablehnung einer Zusammenarbeit seiner Partei mit der Linken. "Die Linkspartei ist rechtlich noch die alte SED (Anmerkung: Sozialistische Einheitspartei Deutschlands). Wir hatten und haben Kollegen im Bundestag, die Opfer der Stasi gewesen sind", sagte Schäuble dem "Handelsblatt".

Zur Debatte über eine Kooperation mit der Linkspartei in Thüringen sagte Schäuble: "Natürlich ist Bodo Ramelow kein Kommunist, er war Gewerkschafter in Hessen." Aber das ändere nichts daran, dass die Linke aus der NATO austreten wolle, eine unklare Haltung zur EU habe und in der Außenpolitik starke Rücksicht auf Russland nehme. "Da gibt es keine Zusammenarbeit mit der CDU", hob Schäuble hervor.

Auslöser der Krise war die überraschende Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich mithilfe der AfD und der CDU zum Ministerpräsidenten. Dies löste bundesweit einen Sturm der Empörung aus. Kemmerich trat daraufhin zurück. (APA, Reuters 22.2.2020)