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Sie werden wohl keine Freunde mehr: Mike Bloomberg und Bernie Sanders. Trotz der großen Gegensätze aber ist klar: Besser als Trump wären beide.

Foto: Reuters / Mike Blake

Plötzlich zählt der Rechtsstaat doch nicht so viel wie gedacht – und viele Beteuerungen wirken reichlich aufgesetzt. Es gehe bei den Wahlen in diesem Jahr um alles, hieß es immer wieder bei den US-Demokraten. Um die Verfassung, Demokratie, den Rechtsstaat, die Zukunft der USA, wie wir sie kennen. Aber nach Monaten der Wahlkampfreden, der hehren Worte und der Appelle an das Gewissen der Wählerinnen und Wähler sind sich einige in der Partei nun nicht mehr so sicher – will man wirklich Trump verhindern? Der Grund ist banal: Sie fürchten, im Herbst enttäuscht zu werden und nicht all das zu bekommen, was sie sich erhofft hatten. Wäre es besser, noch vier Jahre Trump zu ertragen, als einen Präsidenten Bernie Sanders die demokratische Partei umgestalten zu lassen? Das stellte MSNBC-Moderator Chris Matthews nach dem Sieg des Senators Samstag in Nevada ernsthaft zur Debatte.

Aber auch in Sanders’ Lager steht die Abwahl Trumps nicht über allem: Seine Fans nahmen in der vergangenen Woche die Kandidatur des New Yorker Ex-Bürgermeisters Michael Bloomberg auseinander. In einem von ihnen massiv verbreiteten Kommentar aus der Zeitschrift The Week war die Empfehlung zu lesen, statt Bloomberg gleich Trump zu wählen. Beide seien "rechtsgerichtete Autoritäre" – im Vergleich zu Bloomberg sei Trump wenigstens unfähig.

Bedrohte Selbstverständlichkeiten

Das mag stimmen. Aus der Perspektive der Sprechenden sind beide Ängste berechtigt. Linke werden sich mit einem Präsidenten Bloomberg kaum anfreunden können. Die Stop-and-frisk-Politik, mit der er als Bürgermeister von New York Angehörigen von Minderheiten Tag für Tag ein Gefühl der Benachteiligung vermittelte, ist in der Tat rassistisch, seine späten Entschuldigungen unglaubhaft. Und ja, es wäre problematisch, wenn man sich mit 500 Millionen an TV-Werbedollars den Weg zum Weißen Haus kaufen könnte – um Politik im eigenen Sinn zu betreiben. Und doch: Bloomberg ist nicht Trump. Er würde gewiss nicht jene Gesellschaft bauen, von der Sanders’ Anhänger träumen – aber er würde sich an die Verfassung halten, er würde Gesetze respektieren, seine Anhänger nicht zur Gewalt aufrufen. Das sind Selbstverständlichkeiten – aber solche, die mit Trump auf dem Spiel stehen.

Auch Präsident Sanders würde vielen Demokraten etwas zumuten. Denn, da hat Chris Matthews recht, er würde die USA und seine Partei verändern. Seine Anhänger wünschen sich das sehnlich, manchmal auf eine beängstigende, Dissens ausschließende Art fanatisch. Aber seine Ziele, selbst wenn man sie ablehnen würde, mit der Bedrohung gleichzusetzen, die vier Jahre Donald Trump bedeuten, ist fahrlässig. Sanders würde, mit Zustimmung des Kongresses, das US-Wirtschaftssystem umbauen. Das würde manche etwas kosten, vielleicht wäre es disruptiv. Und doch ist seine Politik nicht von der Menschenfeindlichkeit und offenen Ablehnung demokratischer Normen gekennzeichnet, die Trump an den Tag legt. Das gleichzusetzen ist intellektuell fahrlässig. Und moralisch schäbig. (Manuel Escher, 23.2.2020)