Die Verfahren in der Causa Eurofighter sollten bereits 2019 eingestellt werden. Wenig Chancen auf Anklage werden etwa Doskozils Betrugsanzeige eingeräumt

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Sie erwarte sich, dass Airbus jetzt auf sie zukomme, sagte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) vor einer Woche in der ORF-Sendung Im Zentrum – doch es ist fraglich, ob Tanner bei einem solchen Termin viel in der Hand hätte. Mittlerweile deutet einiges darauf hin, dass die Justiz nicht nur die Betrugsanzeige von Tanners Vorvorgänger Hans Peter Doskozil (SPÖ), sondern das gesamte Eurofighter-Verfahren einstellen wollte – und zwar schon zur Mitte des Vorjahres. Das geht aus einem Profil-Bericht hervor, der am Wochenende Wellen geschlagen hat.

Schon Ende April 2019 schrieb Ilse Vrabl-Sanda, Chefin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), an den damaligen Justizminister Josef Moser (ÖVP) von einer möglichen Einstellung aller Verfahren. Johann Fuchs, Leitender Staatsanwalt der Wiener Oberstaatsanwaltschaft (OStA), habe laut Vrabl-Sandras Brief zwei mit der Causa betreuten Staatsanwälten gesagt, dass mit Hinblick auf die lange Verfahrensdauer Einstellungen wegen zu geringer Verurteilungswahrscheinlichkeit nötig sein könnten. War er dafür, das ganze Eurofighter-Verfahren abzudrehen? "Nein", sagt Fuchs klar auf Anfrage des STANDARD.

Verfahren zur WKStA

Damals lief das Verfahren seit kurzem – zumindest formell– bei der WKStA. Eigentlich hatte sich der Wiener Staatsanwalt R. jahrelang allein um die Causa gekümmert. Dem war das Verfahren aber Ende 2018 entzogen worden. Ihm wird vorgeworfen, Amtsgeheimnisse an den damaligen Abgeordneten Peter Pilz verraten zu haben: nämlich dass Aktenteile auf Wunsch des Verteidigungsministeriums entnommen worden seien. Die Causa kam dann, samt einer Staatsanwältin, zur WKStA – aber offenbar kam der Justiz die Suppe damals schon recht dünn vor. Einen "doppelten Anschlag auf die Aufklärung" nennt das Pilz. Die Ermittlungen seien zwar unter dem Dach der WKStA geführt worden, verantwortlich waren jedoch WKStA-fremde Staatsanwälte – wie Vrabl-Sanda in ihrem Brief beklagte.

Bei den Korruptionsjägern war man über die Art und Weise, wie der frühere Staatsanwalt R. die Ermittlungen geleitet hatte, äußerst unglücklich. Der Akt gehöre anders strukturiert, man brauche viel mehr Ressourcen, hieß es in einer mittlerweile legendären Dienstbesprechung im April 2019.

Folgenschwere Dienstbesprechng

Dort sagte Strafrechtssektionschef Pilnacek dann, man müsse aussichtslose Stränge "derschlagen", um schneller bei den wichtigsten Punkten voranzukommen. Er sprach von einem "Scheißakt".

Die WKStA zeigte Pilnacek daraufhin wegen Amtsmissbrauchs an; von der Dienstbesprechung existiert ein heimlich aufgenommenes Tonband. Pilnacek reagierte mit einer Gegenanzeige, zu Ermittlungen kam es nicht. Eine Mediation sollte die Gräben zuschütten; Finanzprokuraturpräsident Wolfgang Peschorn – ein exzellenter Kenner der Eurofighter-Causa – wollte zuletzt kein schlechtes Wort über Pilnacek verlieren.

Fehlendes Vertrauen

Im Gegensatz zu Doskozil: Weil er dem heimischen Justizapparat und vor allem Pilnacek nicht vertraute, hatte der die US-Behörden informiert, ohne die heimische Justiz einzubinden. In der Anzeige geht es um den Vorwurf, Airbus habe die Republik beim Verkauf betrogen, unter anderem, weil der Konzern die behaupteten Bestechungszahlungen mitverrechnet und darüber getäuscht habe. Zudem, so der Vorwurf, sei der Konzern gar nicht lieferfähig gewesen. Die WKStA wollte diesen Strang rasch einstellen, weil sie etwa bezweifelt, dass die Täuschungsabsicht nachzuweisen wäre. Zudem liegt ein Gutachten im Akt, wonach eine Täuschungsabsicht bei der Lieferung nicht beweisbar wäre.

An der Neigung der WKStA, das Verfahren einzustellen, ändert auch nichts, dass Airbus mittlerweile in einem Deal mit den USA "nichtdeklarierte Zuwendungen" in der Eurofighter-Causa eingeräumt hat. Auch das sogenannte "Stammverfahren", in dem es um Bestechung rund um Typenentscheidung und Gegengeschäft geht, dürfte großteils eingestellt werden. Auch hier brachte der Airbus-Deal mit der US-Justiz keine neuen Erkenntnisse.

Airbus weist Vorwürfe zurück

Es steht bis heute im Raum, dass fragwürdige Zahlungen an politische Entscheidungsträger geflossen sein könnten, von einer Identifikation der "Endempfänger" ist man aber weit entfernt. Airbus weist Bestechungsvorwürfe strikt von sich. Bald soll es endgültig zu Einstellungen und Anklagen kommen. Zwar warnte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) vor "vorschnellen Einstellungen", daran dürfte aber kein Weg vorbeiführen. Angesichts der allgemeinen Unruhe rund um Großverfahren der Justiz wolle man mit der Enderledigung aber warten.

Für die Lage machen manche – etwa Doskozil, Pilz oder die FPÖ – "schwarze Netzwerke" in der Justiz verantwortlich. Andere sehen die Schuld bei Staatsanwalt R., der zu langsam gearbeitet habe. Dem Vernehmen nach hält die WKStA den Akt für "vermurkst", vieles sei schon verjährt.

Und eine wiederum andere Fraktion glaubt: Selbst wenn fragwürdige Gelder über weitverzweigte Briefkastenfirmen geflossen sein sollen, übersteigt deren Nachweis die Ressourcen der Justiz. In der Causa gilt die Unschuldsvermutung. (Renate Graber, Fabian Schmid, Nina Weißensteiner, 23.2.2020)