Die von einem ehemaligen Leibwächter von Heinz-Christian Strache fotografierte Sporttasche voller Geld führt zur Fortführung eines eingestellten Verfahrens.

Foto: HO

Ein in der Öffentlichkeit äußert hitzig diskutierter Fall mutmaßlichen Mandatskaufs wird noch einmal aufgerollt. Es geht um den früheren FPÖ-Politiker Thomas Schellenbacher, der auf recht abenteuerliche Art und Weise im Jahr 2013 zum Abgeordneten des Nationalrats avancierte. Der Vorwurf, der viel Empörung ausgelöst hat: Die FPÖ soll hohe Summen von ukrainischen Oligarchen erhalten haben. Im Gegenzug hätten die Freiheitlichen, so der Vorwurf, zugesagt, dass der Wunschkandidat der ukrainischen Investoren einen Sitz im Parlament bekommt.

Diese angebliche Konstruktion machte die Justiz stutzig, die ein Verfahren einleitete. Allerdings stieß die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bald an ihre Grenzen. Sie stellte das Verfahren 2018 ein. Begründung: Die Erstellung einer Wahlliste einer Partei sei kein Amtsgeschäft. Bestechlichkeit im Zusammenhang mit einem Mandatskauf könne also nicht bestraft werden, meinte die Anklagebehörde.

Prompt wurde eine Debatte über eine Gesetzeslücke losgetreten, die es zu schließen gelte, wie mehrere Experten und Politiker argumentierten. Die Lücke besteht zwar immer noch, der Mandatskauf wird dennoch wieder Thema. Schon Ende des Vorjahres hatte der damalige Justizminister Clemens Jabloner bekanntgegeben, dass das Ermittlungsverfahren "aufgrund neuer Beweismittel" fortgeführt werde.

Verdacht der Vorreihung

In einer neuen Anfragebeantwortung von Jabloners Nachfolgerin Alma Zadić werden neue Details dazu preisgegeben: "Wegen des Verdachts der Vorreihung eines FPÖ-Mandatars gegen Bezahlung eines Geldbetrags durch einen ukrainischen Investor ist (...) ein Ermittlungsverfahren bei der WKStA anhängig."

Um welche Beweismittel es sich dreht? Um jene Sporttasche und einen Rucksack voller Geld, die im Ermittlungsakt zu Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache aufgetaucht sind. Sein früherer Leibwächter hat ausgesagt, dass Strache 2013 Behältnisse mit großen Bargeldmengen in seinem Dienstauto mit sich geführt habe. Und er diese fotografiert habe. Auch eine ehemalige Assistentin gab vor den Ermittlern an, Bargeld vom damaligen Parteiobmann erhalten zu haben, um einen Urlaub zu begleichen.

Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ist im Visier der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.
Foto: Karl Schöndorfer TOPP

FPÖ-Leute im Visier

All diese Enthüllungen nährten den Verdacht, dass die Geldsummen von ukrainischen Oligarchen stammen. Diese Vermutung stützt sich auf Aussagen eines Mittelsmanns, der von zehn Millionen Euro spricht, die für das Mandat Schellenbachers gedacht gewesen sein sollen. Jedenfalls werden Strache und zwei weitere Personen von der WKStA als Beschuldigte geführt, wie die Staatsanwaltschaft bestätigt. Ermittelt wird wegen Verdachts auf Veruntreuung.

Nähere Angaben macht die Anklagebehörde nicht, es soll sich bei den zwei weiteren Beschuldigten aber um die FPÖ-Leute Schellenbacher und Peter Fichtenbauer handeln. Sie werden auch in der Anzeige des angeblichen Mittelsmanns genannt. Ihm zufolge sollte die FPÖ vier Millionen Euro von den Ukrainern erhalten, die groß am Semmering investieren wollten, wenn Schellenbacher ins Parlament kommt. Jeweils zwei Millionen seien Strache und ihm, dem Anzeiger selbst, zugedacht gewesen.

Die FPÖ, Strache und Fichtenbauer haben diese Anschuldigungen stets zurückgewiesen, für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. Am Montag wurden die Vorwürfe von Beschuldigtenseite als "abenteuerlich" abgetan. Schellenbacher, heißt es, müsste 150 Jahre im Parlament sitzen, damit sein Mandat zehn Millionen wert sein könnte.

Viel Energie eingesetzt

Andererseits war an dem Fall von Anfang an die Energie auffällig, mit der Schellenbacher in sein Amt getragen wurde. Der Niederösterreicher, der damals nicht für die FPÖ aktiv war, wurde 2013 von Strache als Überraschungskandidat für die Nationalratswahl präsentiert. Beim Urnengang erreichten die Freiheitlichen nicht genug Sitze, um Schellenbacher ein Mandat verschaffen zu können. Prompt verzichteten drei vor dem Mann gereihte Kandidaten auf den Einzug in den Nationalrat.

Ebenfalls kaum Zweifel gibt es an den guten Kontakten Schellenbachers zu den Ukrainern, mit denen er einst das Grandhotel Panhans am Semmering aus der Pleite kaufte. Hilfreich dabei war übrigens die Meinl Bank, die eine Finanzierungszusage abgab, die aber dank prompter Überweisung des Kaufpreises von fünf Millionen Euro nicht gezogen wurde. Später kamen weitere Hotels und Bergbahnen am Semmering hinzu, die über ein Schweizer Vehikel erstanden wurden. Zu den versprochenen Großinvestitionen kam es letztlich nicht. Stattdessen zu Geldwäscheermittlungen, die aber eingestellt wurden.

Unklar bleibt vorerst, was die WKStA nun genau ermittelt. Veruntreuung enthält jedenfalls einen Bereicherungsvorsatz, mit dem man sich von Dritten anvertrautes Geld aneignet. (Andreas Schnauder, 25.2.2020)