Im Mondsee leben bereits wärmeliebende Fischarten wie Welse, die es früher nur in Kärntner Seen gab. "Das Ökosystem verändert sich total", sagen Experten.

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Der Klimawandel hat auch Auswirkungen auf die heimischen Gewässer. Die Seen zeigen bereits Veränderungen bei der Wassertemperatur, den Fischbeständen und im gesamten Ökosystem. Doch wie kann man die heimischen Seen schützen und für den Klimawandel rüsten? DER STANDARD hat bei den Experten am Mondsee nachgefragt.

Dort misst und untersucht das Forschungsinstitut für Limnologie der Universität Innsbruck seit 1981 die österreichischen Gewässer. Seit mehr als einem Jahrzehnt erhebt das Institut Daten zur Klimaentwicklung von Seen im Alpenraum, die als Grundlage für Modelle zur globalen Erwärmung herangezogen werden können.

Die Wissenschafter beobachten, dass sich seit Beginn der Messungen die Oberflächentemperatur der Seen im Salzkammergut zwischen 1,4 und zwei Grad erhöht hat. Die Wassertemperaturen im Tiefenwasser blieben hingegen weitgehend konstant.

Normalerweise kommt es in den Alpenseen zweimal jährlich zu einer Durchmischung der Wasserschichten. Bei tiefen Seen wie etwa dem Zürichsee funktioniere diese natürliche Durchmischung nicht mehr, sagt Bettina Sonntag, die sich mit der Ökologie von Wimperntierchen im See beschäftigt.

Das heißt: Das sauerstoffreiche Wasser von oben komme nicht mehr in die Tiefe und die Nährstoffe nicht in die oberen Schichten, erläutert Sonntag. Das nehme Organismen die Nahrungsgrundlage.

Weniger Sauerstoff in der Tiefe

"Das Ökosystem verändert sich total", sagt der stellvertretende Institutsleiter Rainer Kurmayer, der die Forschungsgruppe für Algen und pflanzliche Mikroorganismen leitet. Die Vegetationsperiode habe um vier Wochen zugenommen, einen Monat länger werden Nährstoffe produziert, dadurch würden die Seen produktiver werden. Die Fischerei profitiere zunächst davon. Doch mehr Produktion bedeute auch weniger Sauerstoff in der Tiefe.

Durch den niedrigen Sauerstoffgehalt sind die tieferen Regionen für Fische nicht mehr geeignet. So sind etwa im Salzkammerkammergut bereits verstärkt wärmeliebende Fischarten wie Welse vorzufinden, die es früher nur in Kärntner Seen gab, nennt der Fischökologe Josef Wanzenböck ein Beispiel.

Doch durch die kühlen Tiefenwasser hätten derzeit auch kälteliebende Arten noch einen Rückzugsraum. Saiblinge und Reinanken sind auch in den Kärntner Seen noch nicht ausgestorben. Doch manche Fischarten brauchen, um laichen zu können, weniger als sieben Grad. Dazu kommt es mitunter erst im Jänner.

Landwirtschaft einbinden

Entgegenwirken könne man den Veränderungen etwa mit einem rigorosen Nährstoffmanagement, sagt Kurmayer. Es dürften nicht noch mehr Nährstoffe von außen in den See kommen – wie Grünlanddünger oder Jauche. Phosphat- und Stickstoffeinträge können durch Überproduktion und Sauerstoffverbrauch zu einem Pflanzen- und Fischsterben führen.

Wichtig sei die Kommunikation mit den Landwirten, ergänzt Bettina Sonntag. "Man muss mit den Bauern im Gespräch bleiben und die Zusammenhänge erklären."

Die Düngeverordnung, laut der bei gefrorenem Boden keine Jauche ausgebracht werden dürfe, sei bereits ein erster Schritt, sagt Wanzenböck. Aber es brauche auch entlang von Bächen mindesten drei Meter breite Grünflächen, die nicht gespritzt werden dürfen. Die Nährstoffe würden ansonsten über den Bach in den See rinnen und dort die Überproduktion von Algen ankurbeln.

Natürliche Ufer

Ein weiterer Ansatzpunkt sei, die Uferflächen zu renaturieren. "Oder fast zu restaurieren, weil es teilweise massive bauliche Eingriffe gab", sagt Kurmayer. Statt bewachsenen Ufern sind am Rande vieler Seen heute große Liegewiesen für die Badegäste. Doch natürliche Ufer würden als Ökosystemstabilisator fungieren, "wie eine riesige natürliche Kläranlage", sagt der Biologe.

Durch den Badebetrieb an den Seen seien die Schilfbestände stark zurückgegangen, sagt Wanzenböck. "Der Naturschutz muss die verbleibenden Schilfzonen absperren."

Doch dieses Bewusstsein sei weder in der Politik noch in der Bevölkerung bisher angekommen, kritisiert Kurmayer. Wie schützenswerte Gebiete durch Bautätigkeiten zerstört würden, wie etwa am Irrsee, sei alarmierend. "Resistenzräume für den See, die er zum Überleben braucht, sollte man ausbauen", betont der stellvertretende Institutsleiter. Das gehe eben auf Kosten von anderen Interessen.

Erderwärmung stoppen

Insgesamt könnten Schutzzonen die großen Auswirkungen des Klimawandels jedoch nur bedingt aufhalten, gibt Wanzenböck zu bedenken. Oberstes Gebot sei, zu verhindern, dass der Klimawandel noch dramatischer werde. Man müsse die Treibhausgasemissionen reduzieren und die Erderwärmung stoppen, sagt der Experte. Anders werde man auch die Seen nicht dauerhaft schützen können. (Stefanie Ruep, 4.3.2020)