Ein ziemliches Abtauchen der Börsenkurse hat am Montag gezeigt, dass das Coronavirus auch die Wirtschaft anstecken kann. Zumindest indirekt, denn noch sind die realwirtschaftlichen Folgen überschaubar. Doch mit China brechen wichtige Absatzmärkte zusehends weg und Lieferketten ab. In der globalisierten Wirtschaft spielt das Reich der Mitte in manchen Sektoren als Zulieferland eine Schlüsselrolle. Man denke nur an Handys oder die Autoindustrie.

Wenn Amerika hustet, bekommt Europa eine Grippe, lautet ein bekannter Börsenspruch. Angesichts des Aufstiegs zum größten Abnehmermarkt und Exportland gilt das längst für China. Allerdings hängt das Ausmaß der Infektion stark von der Dauer der Coronavirus-Ansteckung ab. Derzeit sorgen Lagerbestände dafür, dass die globalen Folgen des Virus nicht allzu groß sind. Doch in wichtigen Sektoren wie der Elektronik rechnen Experten damit, dass die Vorräte in ungefähr einem Monat erschöpft sein werden.

Wenn Amerika hustet, bekommt Europa eine Grippe, lautet ein bekannter Börsenspruch.
Foto: APA/AFP/DANIEL ROLAND

Das ist immer noch kein Beinbruch, denn üblicherweise werden derartige Einbußen rasch kompensiert. Das gilt für Naturkatastrophen ebenso wie für Seuchen. Auch wenn es ein wenig nach dem Blick durch die Kristallkugel klingt: Derzeit wird eher davon ausgegangen, dass die wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus geringer sein werden als die von Sars. Panik ist somit weder aus gesundheitlicher noch aus wirtschaftlicher Sicht angebracht. Allerdings spielt in solchen Fällen die Psychologie eine große Rolle, und sie macht Vorhersagen noch schwieriger, als diese ohnehin schon sind.

Das gilt insbesondere für die Börsen. Der Kursverfall vom Montag beweist, wie groß die Folgen kleiner Entwicklungen sein können. Wenn der Herdentrieb einsetzt, rennen eben alle in die gleiche Richtung. Die Gefahr ist umso größer, als die Börsenkurse bis vor kurzem von Rekord zu Rekord gesprungen sind, obwohl der Weltkonjunktur der Atem auszugehen droht. Die direkten Auswirkungen von Corona mögen sich in Grenzen halten, doch für ein Platzen der Preisblase an den Aktien- oder Immobilienmärkten bedarf es nur eines kleinen Nadelstichs. Eine medikamentöse Behandlung der konjunkturellen Folgen wäre dann schwierig, weil das Pulver der Notenbanken großteils verschossen ist und die Staaten dank Rekordschulden mit leeren Händen dastehen. Die Politik hat sich selbst um den Spielraum gebracht, sollte ein Gegensteuern nötig werden. (Andreas Schnauder, 25.2.2020)