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Die bayerische AfD-Vizechefin Katrin Ebner-Steiner warnt ihr bierselige Gefolgschaft: "Das wichtigste Grundnahrungsmittel ist unser Bier – aber unser flüssiges Heiligtum ist bedroht!"
Foto: Karl-Josef Hildenbrand / dpa / picturedesk.com

Tief hängen die Wolken an diesem Februarmorgen über Osterhofen bei Passau, knapp 35 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt. Doch wer ganz viel Heimatliebe im Herzen trägt, der braucht zum kollektiven Lustigsein die Sonne nicht: Da reichen Weißbier im Glas, Weißwurst auf dem Teller und flotte Blasmusik im Ohr.

Bereits zum sechsten Mal lädt die AfD zum Aschermittwochstreffen in die Mehrzweckhalle "Donaucenter Schubert" – und rund tausend Getreue schlüpfen in Dirndl und Lederhose, um dem Aufruf der Rechts-außen-Partei zum politischen Watschentanz entsprechend Folge zu leisten.

Blaue Gäste

Nach dem plakativen Hinweis am Eingang, doch bitte auf die Mitnahme von Messern und Tierabwehrsprays zu verzichten, und nach strengen Taschenkontrollen steht dann dem Reigen an launigen bis lauen Reden nichts mehr im Wege. Die Eröffnung obliegt dem AfD-Bezirksvorsitzenden Stephan Protschka. Dieser rechnet nach der Begrüßung einer kleinen FPÖ-Gruppe rund um den ehemaligen Linzer Vizebürgermeister Detlef Wimmer gleich einmal mit den Medien ab: "Was die Presse mit uns in den letzten 14 Tagen gemacht hat, ist einfach das Letzte."

Rote Zecken

Kurz wird noch mit "roten Zecken" und den "Spionen von der CSU" abgerechnet – dann ergreift die bayerische AfD-Vizevorsitzende Katrin Ebner-Steiner das Wort. Und die fürchtet um den Gerstensaft: "Das wichtigste Grundnahrungsmittel ist unser Bier – aber unser flüssiges Heiligtum ist bedroht! Es ist CO2 im Bier – mit jedem Schluck setzen wir Kohlendioxid frei." Irgendwann würden daher die Altparteien "auch den Schaum auf dem Bier verbieten". Ebner-Steiner: "Doch wir sagen: Was gut fürs Bier ist, kann nur gut für Bayern sein."

Bierselige AfD-Stimmung schon am Morgen in Osterhofen.
Foto: Rohrhofer

Dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder von der CSU "und seinen Lakaien" rät Ebner-Steiner angesichts der harten Kritik an der AfD zu einer Selbstanzeige – wegen Volksverhetzung: "Sollte wer von unseren Parteifreunden zu Schaden kommen, dann wissen wir, an welchen Händen das Blut klebt."

Doppelconférence

Stephan Brandner und Corinna Miazga betreten dann gemeinsam die Bühne und versuchen – mit überschaubarem Erfolg –, mit ihrem Youtube-Format "Brandheiß" live bei der Weißbiermenge zu punkten. Vor allem am politischen Mitbewerber lässt man erwartungsgemäß kein gutes Haar: "Die SPD – Schlechteste Partei Deutschlands, Scharia-Partei Deutschlands oder die Schrumpfende Partei Deutschlands." Und dann unisono: "Nie wieder Sozialismus. Weder braun noch rot noch grün. Das sind Verbrecher."

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Gottfried Curio setzt dann rund um den rassistisch motivierten Anschlag von Hanau mit elf Toten zum Verteidigungsfeldzug für die AfD an: "Der Amoklauf war schrecklich und furchtbar. Aber wir müssen darüber reden, wie darüber geredet wurde. Wenn ein Mädchen von einem Asylwerber vergewaltigt wird, hört man immer, wir dürfen nicht verallgemeinern, nicht instrumentalisieren. Aber gegen uns ist die Hetze in Rekordzeit hochgefahren." Man trauere um die Opfer, aber: "Der Amoklauf der Lüge, der stattgefunden hat, ist die größte Bedrohung für die deutsche Demokratie." Die AfD mit einem "Psycho" in Verbindung zu bringen, das sei eine "schamlose Leichenfledderei der Altparteien".

Aber man könne nicht zuletzt am Beispiel Thüringen sehen: Es gehe um eine systematische Ausgrenzung der AfD. Curio: "Wenn die Altparteien eine Brandmauer einziehen, dann sitzen sie auf der Seite der Brandstifter."

CSU-Chef Markus Söder: "Ich helfe mit, wo ich kann. Diese Groko haben wir zwar mal gefährdet als CSU – aber im letzten Jahr haben wir sie an einigen Stellen auch gerettet."
Foto: EPA/PHILIPP GUELLAND

Szenenwechsel: In Passau, bei der CSU, läuft unterdessen das seit Jahrzehnten bewährte Programm nach dem Motto: Wir sind die Besten. So erklärt CSU-Chef und Bayerns Ministerpräsident Söder, wie sehr er in Berlin gebraucht werde: "Ich helfe mit, wo ich kann. Diese Groko haben wir zwar mal gefährdet als CSU – aber im letzten Jahr haben wir sie an einigen Stellen auch gerettet."

Zusammenhalt von CSU/CDU

Als er auf die große Schwester CDU zu sprechen kommt, wird er ernst und erklärt, es gebe "keinen Spielraum" für Streit. Thema ist natürlich die Wahl des nächsten CDU-Vorsitzenden, es gibt nun ja mit Friedrich Merz, Armin Laschet und Norbert Röttgen drei Kandidaten; Laschet hat noch Jens Spahn als Vizechef im Angebot.

"Ich sage ausdrücklich, alle Bewerber halte ich für hochkompetente Persönlichkeiten, mit allen können wir zusammenarbeiten", betont Söder. Für den Wahlkampf der Kandidaten, der nun startet, empfiehlt er: "Streitet euch! Wählt! Aber kommt dann bitte wieder zusammen."

Und er macht klar, dass die CSU die CDU im Visier hat und bei der Kanzlerkandidatur – nach der Wahl des CDU-Vorsitzenden – mitentscheiden wird: "Ohne die CSU wird es keinen Kanzlerkandidaten geben, und ohne die Stimme aus Bayern kann kein Unionsmann gewählt werden. Nur zusammen, nicht allein wird es laufen."

Viel Kritik übt er an den Grünen und deren "politischer Tofu-Tupperparty mit Robert Habeck". Deutschland wolle keinen grünen Kanzler, so Söder. Die Partei habe in ihrem Programm "den Mief der Achtzigerjahre". Das einzig Grüne, das er – Söder – gerne umarme, seien übrigens Bäume.

Habeck höhnt in Landshut, dass der bayerische Löwe in Berlin nur ein "Kätzchen" sei. Er sagt über CDU und CSU: "Das Schiff der Union hat sich losgerissen, sie glauben, sie sind die Kapitäne, aber kein Anker mehr, kein Ruder mehr, kein Hafen in Sicht." (Markus Rohrhofer, Birgit Baumann, 26.2.2020)