In die Ministerien wurden zu viele Personen geholt, die "den Staat nicht kennen", sagt Clemens Jabloner.

Foto: andy Urban

Deutliche Kritik an der Regierung Kurz I übt Ex-Justizminister Clemens Jabloner. Bei einem Auftritt im Bruno-Kreisky-Forum Dienstagabend sagte er, die Dominanz der Parteipolitik in den Ministerien habe unter Türkis-Blau "einen Tiefpunkt erreicht".

Stellenbesetzungen seien zunehmend "von oben nach unten", also von den Ministerkabinetten aus, erfolgt. Das sei für Beamte frustrierend. Zudem habe man zu wenig auf Qualifikationen geachtet, immer wieder kam es vor, "dass man irgendwelche Leute, oft sogar Studienabbrecher", in verantwortungsvolle Positionen hievt. Der frühere Verwaltungsgerichtshofspräsident kritisiert: "Das sind Leute, die den Staat nicht kennen." Damit verbunden sei, dass Politiker nur noch "den Leuten nach dem Maul reden".

Missstände in Haftanstalten

Das Kaputtsparen der Justiz, vor dem Jabloner bereits in seiner Amtszeit gewarnt hatte, habe nicht nur an den Gerichten und Staatsanwaltschaften, sondern auch in den Gefängnissen drastische Folgen. "Das Erste, was man als Minister in der Früh erfährt, ist: Wer hat in der Zelle die Matratze angezündet, hat Rasierklingen geschluckt, Zellengenossen gewürgt" – das alles seien Folgen einer langjährigen Unterfinanzierung des Strafvollzugs. Es sei Aufgabe der Politik, all diese Probleme zu lösen, sagt Jabloner. Stattdessen habe sich Türkis-Blau auf sogenannte "Leuchtturmprojekte" konzentriert wie etwa die Indexierung der Familienbeihilfe. An ihr lässt Jabloner kein gutes Haar: Eine Regierung, die "Leuten, denen es eh schon schlecht geht, noch Geld wegnimmt" und das als Leuchtturmprojekt bezeichne, "so eine Regierung kommt mir reichlich schlicht vor".

Zumal alle einschlägig versierten Juristen sich einig waren, dass das Vorhaben europarechtswidrig sei. Dass sich die Regierung dennoch auf die Indexierung versteift und sich dafür sogar ein Privatgutachten besorgt habe, in dem ein Jurist eine Einzelmeinung vertrat, "gehört sich für einen Staat nicht", meint Jabloner. (Maria Sterkl, 27.2.2020)