Mahnt die EU-Kommission zu mehr Aktivität um dem heimischen Transitproblem herr zu werden: Umwelt- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne).

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Wien – Bevor es das Coronavirus im Nationalrat mit einer Erklärung von Gesundheits- und Innenminister auf die Tagesordnung schaffte, stand am Donnerstagvormittag eine von den Grünen einberufene aktuelle Stunde zum Thema Transit an.

Der grüne Verkehrssprecher Hermann Weratschnig zeichnete dabei ein Bild der Situation in Tirol, wo die Menschen sich "verzweifelt, verärgert, betrogen und ohnmächtig" fühlten. Er nehme also "den Kanzler in klare Verantwortung, die gesamte Bundesregierung". Als ihn Zwischenrufer an die grüne Regierungsbeteiligung erinnerten, erklärte Weratschnig, es brauche eben auch "ein starkes Parlament, um die Verkehrswende einzuleiten".

Trotzdem, gutes Stichwort für Umwelt- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne): Sie kam nach einer allgemeinen Einführung in die Problematik ("Wir laufen Gefahr, die notwendige Akzeptanz der Bevölkerung für den Güterverkehr zu verlieren", "Es braucht rasche politische Lösungen") relativ schnell auf den Mitte Februar erfolgten Besuch von EU-Verkehrskommissarin Adina Vălean in Tirol zu sprechen. Zur Erinnerung: Die Rumänin hatte vor zwei Wochen der Tiroler Forderung nach einer Korridormaut eine deutliche Abfuhr erteilt. Vălean erklärte sinngemäß: Darüber könne erst geredet werden, wenn Tirol die Verschärfungen beim sektoralen Fahrverbot zurückgenommen hat. Auch Văleans Selbstverständnis sorgte damals für Aufregung: Als zuständige EU-Kommissarin sehe sie sich in der Transitfrage in der Rolle einer "Moderatorin".

Gewessler sieht "aktiven Handlungsauftrag" der EU-Kommission

Ministerin Gewessler teilt diese Einschätzung nicht. Sie erklärte am Donnerstag im Parlament, die EU-Kommission habe einen "aktiven Handlungsauftrag, gerade weil sie ja der Ansicht ist, dass der Brennertunnel eine europäische Angelegenheit ist". Andreas Ottenschläger, der Verkehrssprecher des türkisen Koalitionspartners, wurde bezüglich des Treffens etwas deutlicher: "Es war fast ein Skandal, wie sich die Kommissarin in Tirol verhalten hat!" Die Kommission wisse genau, vor welchen Problemen Österreich hier stehe. Gewessler mahnte lieber allgemein: "Die Kommission wird auch eine deutlich aktivere Rolle einnehmen müssen, was die Vereinheitlichung des Bahnraums anlangt."

Den von Lärm, Stau und Luftverschmutzung geplagten Anrainern versprach die Ministerin nur: "Die Tiroler Rufe werden gehört!" Nicht das erste Mal verwies sie zudem darauf, dass in der Taskforce zur Steuerreform auch das Dieselprivileg "tabulos" diskutiert werde. Andere Grüne wurden hier deutlicher. Lukas Hammer erklärte etwas später vom Rednerpult aus: "Alle Frächter wissen, bei uns gibt es billigen Stoff. Ohne Abschaffung des Dieselprivilegs werden wir weiterhin der Kreisverkehr der Frächter bleiben" – also weg damit.

"Keine Märchenstunde", keine "europäische Ausrede"

Ex-Infrastrukturminister Alois Stöger (SPÖ) freute sich ostentativ, dass das Thema Güterverkehr jetzt breit diskutiert werde, allerdings: Es solle "keine Märchenstunde" veranstaltet werden. Entscheidend sei nämlich, wie das Thema im eben in Verhandlung stehenden Budget Niederschlag finde. Auch was eine österreichweite Lkw-Maut anbelange, sei die Regierung "entscheidend gefordert", statt "die europäische Ausrede in den Mittelpunkt zu stellen".

"So ist die ÖVP immer"

FPÖ-Mandatar Christian Hafenecker konzentrierte sich bei seiner Wortmeldung auch auf Kommunikationsbelange. Dass nämlich die ÖVP den Grünen die aktuelle Stunde mit ihrer Corona-Erklärung "absteche", da könne er nur sagen: "Willkommen in der Koalitionsrealität! So ist die ÖVP immer. Darauf müssen Sie sich einstellen."

Inhaltliche Kritik übte danach Neos-Abgeordneter Michael Bernhard, der bei allem "Problematisieren" die dazugehörigen Lösungen vermisste. Die Neos hätten eine Idee für die türkis-grünen Koalitionäre: "Eine Steuerreform wäre das richtige Instrument. Der Staat steuert durch Steuern. Aber Sie steuern durch Untätigkeit. Das ist verantwortungslos." (red, 27.2.2020)