Umweltschützer von Friends of the Earth brechen bei der Urteilsverkündung in Jubel aus. Nun wandert die Causa Flughafenerweiterung allerdings noch zum Höchstgericht.

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Schwere Schlappe für den Londoner Großflughafen Heathrow: Das britische Berufungsgericht hat dem Einspruch von Umweltschützern gegen das Planfeststellungsverfahren zugestimmt und den Bau der geplanten dritten Startbahn gestoppt. Die konservative Regierung habe bei ihrer Zustimmung zu dem Milliardenprojekt wichtige Umweltauflagen missachtet, darunter auch das Pariser Abkommen zum Klimaschutz, hieß es in der Urteilsbegründung.

Zwar richtete sich das Verfahren formal gegen die derzeitige Regierung von Premierminister Boris Johnson, die Kritik des Gerichts galt aber dem früheren Verkehrsminister Christopher Grayling. Dessen Planungsdokument zur Zukunft der Luftfahrt in Großbritannien (ANPS) diente als Grundlage für eine Entscheidung des Unterhauses, das 2018 dem Vorhaben mit großer Mehrheit grünes Licht erteilt hatte.

Pariser Abkommen

Grayling hätte deutlich machen sollen, inwiefern seine Vorgaben dem Pariser Klimaabkommen entsprachen; dieses verpflichtet die Unterzeichnerstaaten dazu, die Welterwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen. Weil die Regierung diese Klarstellung unterließ, sei ihr Dokument "rechtlich tot", sagte der Sprecher des dreiköpfigen Richtergremiums, Lord Justice Keith Lindblom.

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Für die Bevölkerung in Heathrow ist das Urteil eine Erleichterung.
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Die Betreiberfirma Heathrow Airport Holdings kündigte Revision beim Höchstgericht an. Es handle sich lediglich um einen zeitweiligen Rückschlag, beteuerte Vorstandschef John Holland-Kaye. Tatsächlich hat das Appellationsgericht den Bau der nordwestlich der beiden bisherigen Landebahnen geplanten Piste mit Überbauung der Londoner Ringautobahn M 25 zum Gesamtpreis von 14,3 Milliarden Pfund (16,8 Milliarden Euro) nicht grundsätzlich ausgeschlossen.

Bau unwahrscheinlich

Dass der Bau doch noch gelingt, gilt unter Verkehrsexperten allerdings als unwahrscheinlich, nicht zuletzt der lauwarmen Haltung der Johnson-Regierung wegen. Der Premierminister hatte in seiner früheren Rolle als Londoner Bürgermeister stets heftigen Widerstand gegen die Erweiterung des im Westen der Metropole gelegenen Großflughafens geleistet, ja sogar angekündigt, er werde sich "notfalls vor die Bulldozer legen". Der Parlamentsentscheidung von 2018 ging der damalige Außenminister allerdings mithilfe eines rasch anberaumten Afghanistan-Besuchs aus dem Weg.

Verkehrsminister Grant Shapps betonte am Donnerstag die Kompromisslinie der Regierung: Man sei grundsätzlich für die Erweiterung der Kapazität an britischen Flughäfen; diese müsse aber nach korrekten Umweltregeln erfolgen und von der Privatwirtschaft vorangetrieben werden. Ausdrücklich lehnte Shapps eine Revision der Regierung gegen das Urteil ab.

Voll ausgelastet

Anders als die Konkurrenz auf dem Kontinent wie Charles de Gaulle in Paris, der Frankfurter Rhein-Main-Airport oder der Amsterdamer Schiphol operiert Heathrow mit zuletzt 80,8 Millionen Passagieren pro Jahr und gut 475.000 Flügen permanent am Rand der Kapazitätsgrenze. Die letzte Labour-Regierung beschloss deshalb 2009 den Bau einer zusätzlichen Startbahn, das Vorhaben wurde ein Jahr später von der konservativ-liberalen Koalition gekippt.

2015 befürwortete dann eine Kommission nach jahrelanger Arbeit die Erweiterung von Heathrow mit der Begründung, das internationale Drehkreuz sei wichtiger als die mögliche Alternative Gatwick. Der im Süden der Stadt gelegene Flughafen wird viel stärker von Billig- und Charterfliegern benutzt als von der Wirtschaftselite, die vor allem an guten Transatlantik- sowie Asien-Verbindungen interessiert ist.

Umweltschützer und die Grünen argumentieren seit Jahr und Tag nicht zuletzt mit Blick auf den Klimaschutz gegen jegliche Flughafenerweiterung auf der Insel. Die Lobbyorganisation Friends of the Earth lobte den Urteilsspruch als "absolut grundlegend fürs Klima". (Sebastian Borger aus London, 27.2.2020)